Revell Multi-Piece-Kits 1:25

Die Multi-Piece-Kits von Revell in den Maßstäben 1:32 und 1:25


EARLY FINS


Teil 2: Die Revell- Multi-Piece-Bausätze im Maßstab 1:25


Das relativ junge Hobby Plastikmodellbau erlebte in den späten ´50er Jahren eine Zeit voller Innovationen und atemberaubender Entwicklungen, angeführt vom Marktführer Revell mit seinen Multi-Piece-Bausätzen im Maßstab 1:25.


Die wahre Größe


Nach dem Erfolg der „Highway Pioneers“ und der 1:32er Bausatz-Serie von US-Cars aus dem Jahre 1956 (siehe „Early Fins“, Teil 1: „Die Revell-Bausätze im Maßstab 1:32“ in dieser Rubrik) war es an der Zeit, den mittlerweile ziemlich anspruchsvollen Modellbauern etwas Neues zu bieten. Die Sensation kam 1957 mit der Vorstellung einer neuen, spektakulären Bausatz-Serie im größeren Maßstab 1:25, aus produktionstechnischen Gründen wiederum in der Form von Multi-Piece-Kits. Als Vorbilder wählte Revell zunächst drei amerikanische „Dreamcars“ sowie zwei aktuelle Ford- Modelle aus, später wurde die Serie durch eine Corvette, drei europäische Sportwagen und einen VW-Bus ergänzt.


Im Licht der damaligen Zeit betrachtet, stellten diese heutzutage ziemlich archaisch wirkenden Bausätze einen unglaublichen Fortschritt dar. In der Tat: 1957, als es amt- und Jo-Han-Kits noch gar nicht gab, führte Revell beim Cadillac Eldorado Brougham, beim Lincoln Futura und beim Pontiac Club de Mer die ersten aufwändig hergestellten Klarsichtteile ein, während der Ford Country Squire bereits über eine Motornachbildung unter der beweglichen Fronthaube sowie eine vorbildgetreu funktionierende Heckklappe verfügte. Als amt und Jo-Han 1958/59 ihre ersten
Curbside-Bausätze auf Promo-Basis präsentierten, ließ Revell schon das Dach des ´59er Ford Skyliner Retractable Hardtop-Modells mittels einer ausgeklügelten Konstruktion im Kofferraum verschwinden, abgesehen von der detaillierten Motornachbildung dieses Kits. Aber die Konkurrenz schlief nicht: Schon 1959/60 führte amt die ersten Motornachbildungen ein und da sich die Modelle mit Multi-Piece-Karosserien bedeutend schwerer bauen ließen, war der Siegeszug der einteiligen Karosserien nicht mehr aufzuhalten. Im Jahre 1962 zog Revell mit amt und Jo-Han gleich und stieg ebenfalls auf die „Unibody Construction“ um (siehe auch “Mysterious Kits: 1961/62 – Revell goes Chrysler“ in dieser Rubrik).

Der Cadillac Eldorado Brougham


Der Brougham-Bausatz von Revell erschien 1957 zum Preise von 1.49 Dollar unter der Artikelnummer H – 1214 in einer kunstvoll gestalteten, sehr flachen Schachtel, auf deren Seitenteilen andere Automodelle aus dem hauseigenen 1:32er und 1:25er Programm abgebildet waren. Den Schachtelinhalt bildeten 38 Teile in schwarzem, klarem und verchromtem Kunststoff, zwei Metallachsen, die beiden jeweils zweiteiligen Figuren und ein großer, klar gegliederter und deutlich gezeichneter Bauplan. Nachdem die Preise für diese originalen Kits in den ´80er und frühen ´90er Jahren explodiert waren, erschien 1996 eine erste Wiederauflage in einer größeren, flachen Schachtel mit dem Original- Deckelbild. Eine zweite, stark limitierte Wiederauflage des Eldorado Brougham-Kits in einer herkömmlichen Schachtel gab es noch einmal im Jahre 2006.

Die zweiteilige Karosserie des Modells bestand aus einer Unterwanne mit der Andeutung des Rahmens sowie der Auspuffanlage und der Aufnahme der beiden Starrachsen, die seitlich bis zur Höhe der vorderen und hinteren Radläufe reichte. Darauf musste das Karosserie-Oberteil geklebt werden, so dass die unvermeidliche
Trennungskante genau an der (leider nicht exakt definierten) Zierleiste lag, die sich von den vorderen Scheinwerfern mit einer Absenkung in der hinteren Türe bis zur Heckstoßstange zog. Die unteren, beim Original verchromten Karosserie- Bereiche mit den stilisierten Lufteinlässen lagen dem Kit als separate Teile bei.

Wie bereits erwähnt, enthielt der Eldorado Brougham erstmals (ziemlich dickwandige) Klarsichtteile für die Windschutzscheibe und das Heckfenster, die in diesem Falle gleich das ganze Dach zu tragen hatten. Abgesehen von der mangelhaften Passform fiel es den damaligen Modellbauern schwer, diese Klarsichtteile ohne hässliche, sichtbare Klebestellen einerseits mit der Karosserie und andererseits mit dem Dach zu verbinden – heutzutage selbstverständliche Finessen wie einen Plastikkleber mit Dosierspitze gab es noch nicht, nur unhandliche Tuben mit viel zu großen Öffnungen!
Obwohl der Bauplan bereits ausgiebige Bemalungshinweise enthielt, wurden in der Zeit nach 1957 wohl die meisten Brougham-Modelle einfach so zusammen gekleistert, wie die Teile in der Schachtel lagen. Heute gibt man sich mehr Mühe beim Bau eines so antiken Stücks: Das Dach lässt sich vorbildgetreu wie polierter Edelstahl lackieren und die fehlende Zierleiste an der Trennungsnaht der Multi Piece-Teile wird mittels dünnem Sheet ergänzt. Die Plastikreifen werden entweder durch modernere Vinyl-Rundlinge ersetzt oder erhalten eine authentische Farbgebung und Weißwandringe, außerdem lässt sich die Karosserie vor allem vorne ein bisschen tiefer legen, um das Erscheinungsbild zu verbessern.

Trotz aller Bemühungen und vieler Verfeinerungen wird es aber nicht gelingen, die zu gedrungenen Proportionen und die zu hoch geratene Front zu korrigieren – kleine
Schwächen, die dem Alter des Bausatzes geschuldet sind und die Freude am fertigen Modell nicht trüben sollten. Vor allem in Verbindung mit den beiden festlich gekleideten und sorgfältig bemalten Figuren repräsentiert der Cadillac Eldorado Brougham von Revell die perfekte Bausatz-Nostalgie!

Der Lincoln Futura


Der Aufbau des Lincoln Futura- Bausatzes (H – 1210) in Curbside-Form sowie die kunstvolle Gestaltung der Verpackung lässt sich eindeutig den Schöpfern des Cadillac Eldorado Brougham-Kits zuordnen. Der Bausatz kostete ebenfalls 1.49 Dollar und bestand aus insgesamt 33 Teilen in hellgrünem und verchromtem Plastik
 nklusive der Klarsichtkuppel, außerdem lagen zwei einteilige Figuren (Fahrer und Beifahrerin) sowie zwei Metallachsen bei. Die Karosserie des Lincoln Futura entstand aus vier Teilen: Der Bodenwanne, die bis zu der seitlich umlaufenden Zierleiste reichte, dem Karosserie-Vorderteil, zwei Seitenteilen und dem Heck-Mittelteil. Auf diese Art und Weise waren die Trennungsfugen fast unsichtbar unter den verchromten seitlichen Zierleisten sowie an den vorderen Türspalten und der Heckklappe verborgen.

Die Anleitung gliederte die Entstehung des Modells in drei Baustufen mit vielen Farbhinweisen, wobei die obligatorischen Figuren schon im zweiten Abschnitt eingesetzt werden mussten. Das einer Flugzeugkanzel ähnelnde Klarsichtteil verblüffte schon damals durch seine Gussqualität und ließ sich dank einer Fixierung durch vier Stifte abnehmbar aufsetzen. Der Unterboden wies dagegen außer einer angedeuteten Motor-Unterseite und der Gravur einer Doppelrohr- Auspuffanlage kaum nennenswerte
Details auf und ließ damit reichlich Raum für Ergänzungen und Verfeinerungen.

Originale Lincoln Futura-Bausätze wurden in den späten ´80er und frühen ´90er Jahren mit Gold aufgewogen – Preise um 400.- DM waren zu dieser Zeit keine Seltenheit! Die erste Wiederauflage im originalen Schachteldesign 1995 sorgte kurzzeitig für Entspannung, erzielt allerdings heute bereits wieder ein Vielfaches des
damaligen Kaufpreises. Die zweite Wiederauflage 2006 war nur ganz kurz auf dem Markt und ist heute ebenfalls kaum mehr aufzutreiben – der Lincoln Futura war, ist und bleibt ein rarer Kit und ein wunderschönes Stück Plastik- Geschichte

Der Pontiac Club de Mer


Der originale Revell-Bausatz des Pontiac Club de Mer erschien 1958 (H- 1213), wie der Cadillac Eldorado Brougham und der Lincoln Futura als Curbside-Kit in Multi-Piece- Ausführung. Die Schachtel enthielt einschließlich der beiden zweiteiligen
Figuren (Fahrer und Beifahrerin), der Metallachsen und der Klarsichtteile für die Windschutzscheiben 49 Einzelteile in blauem und verchromtem Kunststoff. Die Karosserie bestand aus drei Teilen: der Unterwanne, dem Frontteil einschließlich der
Türoberseiten und dem Heckteil mit der Mittelflosse. Als Novität lagen dem Kit Abziehbilder für „Club de Mer“- Kennzeichen und die Schriftzüge zu beiden Seiten der Flosse bei.

Die spezielle Aufteilung der Multi-Piece-Karosserie legte es findigen Modellbauern nahe, die Türen des Modells beweglich zu gestalten. Dazu wurden diese vor dem Zusammensetzen der Karosserieteile sorgfältig und sauber ausgeschnitten, ebenso ein großer Teil des Unterbodens. Letzteres erwies sich als notwendig, um die Innenausstattung von unten in die bereits fertig zusammen gesetzte Karosserie implantieren zu können. Eine stabile Scharnierkonstruktion und die selbst gebauten Innenverkleidungen der Türen vervollständigten diesen zwar ziemlich aufwändigen, aber äußerst wirkungsvollen Umbau.

Wie bei den anderen bereits erwähnten Revell-Originalen explodierten die Preise des Pontiac Club de Mer bis zum Erscheinen der ersten Wiederauflage im Jahre 1995. Auch dieser Bausatz erschien erneut in einer flachen Schachtel, etwas größer als das Original, aber mit dem gleichen herrlichen Deckelbild. Mittlerweile stellen die Wiederauflagen der Jahre 1995/96 selbst schon wieder gesuchte Sammlerstücke dar, da es keineswegs klar ist, ob Revell die frühen Multi- Piece-Bausätze in absehbarer Zeit noch einmal heraus bringt

Der 1957er Ford Country Squire


Für den noch jungen Plastikmodellbau stellte der Multi-Piece-Bausatz des 1957er Ford Country Squire (H-1220) einen gewaltigen Entwicklungssprung dar. Nach den US-Cars von 1956 im Maßstab 1:32 besaß erstmals ein Modell der Größe 1:25 eine detaillierte Motornachbildung unter der beweglichen Motorhaube, außerdem ließ sich die geteilte Heckklappe der Country Squire-Replik vorbildgetreu öffnen. Noch nicht gelöst war dagegen das Problem der Klarsichtteile: Wer sein Modell mit Scheiben ausrüsten wollte, musste sich diese in eigener Regie aus durchsichtiger Folie anfertigen.

Die im Stile der Zeit gehaltene flache Schachtel, deren farbenfrohes Deckelbild eine Farmszene darstellte, enthielt einschließlich der beiden zweiteiligen Figuren (Vater und Sohn) sowie der unvermeidlichen Metallachsen 63 Einzelteile in dunkelbraunem und verchromtem Plastik. Im Gegensatz zu den oben genannten Curbside-Kits war neben dem aus insgesamt acht Teilen bestehenden Motor auch das Fahrwerk mit eigener Vorder- und Hinterachse sowie der Kardanwelle überdurchschnittlich gut detailliert und daher aus damaliger Sicht nicht einfach zu bauen. Das galt nicht zuletzt auch für die sehr aufwändig nachgebildete Innenausstattung mit ihren drei Sitzbänken.

Ein nicht zu unterschätzendes Problem stellte darüber hinaus die ohne Motorhaube und Heckklappe sechsteilige Multi- Piece-Karosserie dar, die sich zwar abweichend vom Bauplan schon zu Beginn fertig stellen und lackieren ließ. In Verbindung mit dem bereits eingebauten Armaturenbrett und den beiden Innenverkleidungen geriet die „Hochzeit“
zwischen Karosserie und Fahrwerk mit den erforderlichen weiten Spreizungen zur Angstpartie, in deren Verlauf oft genug die sauber bearbeiteten Trennungsnähte der Karosserie wieder aufsprangen und die mehr oder minder schöne Lackierung komplett ruinierten.

Über die Geschichte des 1957er Ford Country Squire-Bausatzes streiten sich die Geister. Fest steht, dass dieser Kit bereits im Revell-Programm von 1960 durch den ´57er Ford Ranchero in einer Customizing-Ausführung ersetzt und auch nie mehr wieder aufgelegt wurde. Gerüchte besagen, dass die für damalige Verhältnisse sehr große und aufwändig gestaltete Form des Country Squire-Daches schon bald irreparabel kaputt ging und Revell deshalb den Station Wagon in aller Eile zum Pickup umstrickte. Andererseits enthielt der Country Squire keinerlei Customteile; der unaufhaltsamen Entwicklung der entsprechenden Modellveredelung konnte sich auch Revell nicht verschließen und bot daher schnell einen entsprechenden Ranchero an. Wie auch immer: Wer noch eines der äußerst raren Revell-Originale zu einem vertretbaren Tarif ergattern konnte, darf sich glücklich schätzen – für alle anderen hält „The Modelhaus“- Inhaber Don Holthaus einen sehr gelungenen Resin-Kit dieses Klassikers bereit!

Der 1957er Ford Ranchero


Revell entwickelte den Bausatz des 1957er Ford Ranchero (H-1232) innerhalb kürzester Zeit aus den Teilen des bereits vorhandenen Country Squire-Kits. So sind sowohl die Motornachbildung als auch das Fahrwerk, das Vorderteil der Karosserie, das Armaturenbrett sowie weitere Teile beider Bausätze völlig identisch, alle anderen Bauteile wurden Ranchero-spezifisch abgändert. Dem Zeitgeist entsprechend legte Revell außerdem eine Reihe aktueller Customteile bei, um den Anschluss auf diesem Sektor nicht zu verpassen. Dabei handelte es sich unter anderem um Fender Skirts, Antennen, zusätzliche Heckflossen, glatte Chrom-Radkappen („Baby Moons“), geänderte Rücklichter, eine Chrom- Reeling für die Ladefläche und Doppelscheinwerfer für die Front.

1962 war auch bei Revell die Zeit der Multi-Piece-Bausätze abgelaufen und Kits wie der ´57er Ford Ranchero verschwanden in der Versenkung. Erst 1975 kramten die Marketing-Strategen von Revell die alten Formen wieder hervor und brachten sie unter dem Motto „Brought back by popular demand - Revell´s earliest designs“ (= „auf besonderen Wunsch wieder aufgelegt – die frühesten Revell-Modelle“) erneut auf den Markt. Immerhin stand auf der Schachtel ein Hinweis darauf, dass der Kit aufgrund der Multi-Piece-Bauweise anders und schwerer zu bauen sei als die „models of today“. Außerdem lagen dieser ansonsten unveränderten Wiederauflage bereits Klarsichtteile für die Windschutzscheibe und das Heckfenster sowie Vinylreifen bei.

1984 gab es bei Revell eine „Saints“-Serie, die einen ´34er Ford Roadster als Highboy, einen ´51er Henry J-Dragster und den Custom ´57er Ranchero enthielt. Wer sich auf ein Wiedersehen mit dem Kult-Bausatz von 1960 gefreut hatte, wurde allerdings herb enttäuscht: Für diese Serie wurde das Ranchero-Dach brutal gechoppt, außerdem erhielten die Seitenteile eine geschwungene Zierleiste im Stile von 1957. Ein Set wenig einfallsreicher Chromfelgen mit Zentralverschluss und ein der neuen Dachform angepasstes Klarsichtteil stellten weitere unwillkommene Änderungen dar. So gibt es diese letzte Auflage des ´57er Ford Ranchero auch heute noch für kleines Geld, während sich die Preise für Originale und sogar die erste Wiederauflage anschicken, durch die Decke zu gehen – Linderung verschafft auch in diesem Falle ein Resin-Kit von Modelhaus!


Der 1959er Ford Fairlane 500 Skyliner Retractable Hardtop


Aus der Sicht der Modellbauer des Jahres 1959 war auch der zeitgleich mit dem Original erschienene Revell-Bausatz des Ford Fairlane 500 Skyliner Retractable Hardtop im Maßstab 1:25 (H-1227) ein Wunderwerk der Technik: Einschließlich der beiden zweiteiligen Figuren (Fahrer und Beifahrerin) sowie der unvermeidlichen Metallachsen sorgten nicht weniger als 93 Einzelteile dafür, dass das fertige Modell neben detaillierten Motor-, Fahrwerks- und Innenraum-Nachbildungen über ein tatsächlich funktionierendes, voll versenkbares Hardtop verfügte. Das gezeigte Modell stammt zwar aus der letzten Wiederauflage von 2007, wurde aber, wie es 1959 geschehen sein könnte, mit dem Pinsel in den beiden Grüntönen lackiert, während die Teile des im Bausatz nicht enthaltenen Continental Kits ursprünglich den 1958er amt-Edsel schmücken sollten.

Die Grundkarosserie des Modells ohne Hauben und Dach bestand aus nur vier Teilen, wobei die Trennungsfugen geschickt im Bereich der oberen Zierleisten am vorderen Kotflügel und auf der Innenseite der Rücklichter verborgen waren. Für die aufwändige, bei sorgfältiger Arbeit aber durchaus zuverlässig funktionierende Dachmimik sah Revell
(einschließlich Hardtop) nicht weniger als 18 teilweise extrem filigrane Einzelteile vor, deren exaktes Zusammenspiel noch heute jeden Betrachter fasziniert. Der Kit besaß darüber hinaus Klarsichtteile für die Windschutzscheibe und das Heckfenster, in seiner ersten Auflage aber noch zweiteilige Plastik-Reifen.

Wie beim ´57er Ford Ranchero nahm Revell 1975 den tatsächlichen - oder erfundenen? – Wunsch der Modellbauer nach dem ´59er Skyliner zum Anlass, diesen Bausatz neu aufzulegen. Der ansonsten völlig unveränderte Kit enthielt anstelle der zweiteiligen Plastikräder Vinylreifen und war in gelbem Plastik gefertigt. Ein paar Jahre später erschien der Bausatz erneut, diesmal unter dem Label „Advent“, einer bis dato weitgehend unbekannten Firma, die sich die Formen aber nur ausgeliehen hatte. Schon 1988 legte Revell den Skyliner unter der Bezeichnung „59 Ford Galaxie“ nämlich in der hauseigenen „Skips Fiesta Drive-In“ – Serie ein weiteres Mal neu auf, diesmal mit einem ganz leichten Customizing in der Form verchromter „Spinners“-Radkappen, ansonsten aber unverändert. Die Jubiläumsausgabe „50 Years of Revell“ brachte 2007 das bisher letzte Wiedersehen mit diesem Bausatz-Meilenstein, dessen Teile in einem schwer lackierbaren, dunklen Grün erschienen. Dank dieser zahlreichen Wiederauflagen blieben die Preise für das Modell mit dem versenkbaren Hardtop – mit Ausnahme der Erstauflage – bis heute erschwinglich, Tendenz gleichbleibend!

Die Corvette von 1959/60


Revell war nicht der einzige Plastikmodell-Hersteller, der 1959 mit einem Kit der Corvette auf den Markt kam: Die 1958 in das boomende Bausatz-Geschäft eingestiegene Firma amt bot Chevrolets Zweisitzer ebenfalls im Maßstab 1:25 mit
Motornachbildung, aber bereits mit einteiliger Karosserie an. Der direkte Vergleich dieser beiden Modelle zeigte allerdings schon damals, dass die Revell-Corvette trotz der Multi-Piece-Bauweise in Bezug auf die Proportionen und die Chromteile speziell im Front- und Heckbereich deutlich feiner ausgeführt war. Allerdings verliefen die Trennungsfugen der Multi-Piece-Teile nicht ganz so glücklich wie bei den anderen Modellen: Während das vordere Karosserieteil noch an der oberen Zierleiste und dem vorderen Türspalt recht unauffällig anschließen konnte, blieb beim Heckteil zwischen
dem hinteren Türspalt und dem Radlauf eine deutlich sichtbare, störende Nahtstelle.

Der erste, 1959 erschienene Corvette- Bausatz von Revell bildete ein absolut serienmäßiges Fahrzeug nach (erstmals ohne Figuren!) und enthielt einschließlich des Klarsichtteiles für die Winschutzscheibe und der Metallachsen 74 Teile. 1960 schob Revell eine Wettbewerbs-Version nach, die ein eigenes Schachteldesign mit einem actiongeladenen Deckelbild erhielt. Die Änderungen betrafen den Wegfall der Windschutzscheibe und ihres Chromrahmens, eine Abdeckung der Beifahrerseite, Rennfelgen, einen voll verkleideten Überrollbügel sowie Decals für weiße Längsstreifen, die Klebestreifen an den Scheinwerfern und die Startnummer 6.

Zusammen mit dem Austin Healey und dem Porsche Speedster legte Revell die Multi-Piece-Corvette in einer „Sports Car Classic“-Serie 1976 wieder auf. Die relativ kleine Schachtel trug die Bezeichnung „´60 Corvette“ und offenbarte bereits auf dem Deckelbild die gravierendsten Unterschiede zur Erstauflage: Die zweiteiligen Plastikreifen waren zeitgemäßen Vinylreifen gewichen, leider aber auch die schönen Stock-Radkappen langweiligen Tiefbettfelgen. Ein Vermerk auf dem Seitenteil der Schachtel klärte die Modellbauer darüber auf, dass der Kit aus der Revell-Frühzeit anders und schwerer zu bauen sei als moderne Bausätze. Diese und weitere Wiederauflagen sorgten dafür, dass die Preise der Revell-Corvette von 1959/60 bis heute erschwinglich blieben – und irgend einen Vorwand, den Kit bald wieder anzubieten, wird sich Revell schon einfallen lassen!

Der Mercedes 190 SL von 1960


Angesichts der wachsenden Beliebtheit kleiner und wendiger Sportwagen europäischer Herkunft konnten und wollten sich die amerikanischen Bausatz- Hersteller dem Trend nicht verschließen und produzierten in jenen Jahren eine ganze Reihe von Kits nach europäischen Vorbildern. Bei Revell lag der Schwerpunkt naturgemäß auf Sportwagen deutscher Herkunft, da man hier bereits seit 1956 mit einer Niederlassung im westfälischen Bünde vertreten war. Die erste Auflage des Mercedes Benz 190 SL (Original-Schachteltext: „Germanys Dashing Sport Roadster“) erschien 1960 in der damals bei Revell üblichen flachen Schachtel, deren dekoratives Deckelbild einen roten 190 SL mit Hardtop vor eine Golf-Szenerie zeigte (H-1239).

Der Kit enthielt 88 Teile in rotem und verchromtem Kunststoff, wobei erstmals auf die Metallachsen und wiederum auf die bisher obligatorischen Figuren verzichtet wurde. Dafür gab es eine relativ detaillierte Nachbildung des im Original 1900 ccm großen, 120 PS leistenden Vierzylindermotors, bewegliche Motor- und Kofferraumhauben mit Scharnieren, ein optionales Hardtop mit hervorragender Passform sowie ein Stück Klarsichtfolie für die Scheiben. Die Trennungsfugen der Multi-Piece-Teile lagen ziemlich exponiert auf den Oberseiten der vorderen und hinteren Kotflügel, so dass an diesen Stellen äußerst genaues Arbeiten sowie sorgfältiges Verspachteln und Schleifen fällig wurde.

Bis heute ist dieser Bausatz die einzig verfügbare 1:25er Replik des Mercedes 190 SL, weshalb der Modellbauer sowohl den erschwerten Bau als auch die fragwürdigen Proportionen des fertigen Modells zähneknirschend in Kauf nehmen mussten. Im Jahre 1988 legte Revell Deutschland den 190 SL noch einmal unverändert (einschließlich der zweiteiligen Plastikräder) auf, wobei das katastrophale Deckelbild dieses Bausatzes den Kauf eher verhinderte als förderte. Die bisher letzte Wiederauflage von 2008 griff denn auch dankenswerterweise auf das originale Deckelbild zurück und erschien –
ebenfalls unverändert - als limitierte Auflage in der „Revell Classics“-Serie. Auf diese Art und Weise blieben die Preise für den 190 SL – mit Ausnahme der Erstauflage - bisher moderat und erlauben es so auch den jüngeren Modellbauern, die Probleme, vor denen die älteren in ihrer Jugend standen, nachzuvollziehen.

Der Porsche Carrera Speedster


Die erste Auflage des Speedster- Bausatzes erschien 1959 unter der Bezeichnung „Porsche Carrera“. Sie enthielt die Straßenversion des Porsche mit Stoßstangen, Exportbügeln sowie den normalen hinteren Radausschnitten und zählt heute zu den extrem raren Sammlerstücken. Bereits ein Jahr später, 1960, legte Revell wie bei der
Corvette eine „Competition“- Ausführung (H-1246) auf, die ohne Stoßstangen auskommen musste und vergrößerte hintere Radausschnitte aufwies. Dafür lagen dem Kit ein „Tonneau Cover“ (Abdeckung des Beifahrersitzes), ein verchromter Überrollbügel und Decals mit der Startnummer 40 sowie den Klebestreifen auf den vorderen Scheinwerfern bei.

Von allen bisher besprochenen Multi- Piece-Bausätzen eignete sich die runde Form des Porsche Speedster mit ihren glatten Flächen am wenigsten für diese Bauweise. Die Trennung der Karosserieteile lag deshalb auch höchst unglücklich zwischen der dünnen, seitlichen Zierleiste und den Radausschnitten, so dass im Falle der Wettbewerbs-Version eine deutlich sichtbare Naht zwischen der Zierleiste und dem vorderen Radausschnitt verblieb. Ansonsten bot der 82 Bauteile umfassende Kit eine sehr schön ausgeführte Motornachbildung, bewegliche Hauben vorne und hinten sowie einen detaillierten Kofferraum mit Tank und Werkzeugtasche.
Nachdem die Original-Form des Porsche Carrera für die Competition-Version verändert werden musste, erschienen alle Wiederauflagen zwangsläufig in der Wettbewerbs-Ausführung. 1976 kam der Kit in der kleinen Schachtel der „Sports
Car Classic“-Serie neu heraus, ergänzt durch zweiteilige Vinylreifen, die am fertigen Modell äußerst unvorteilhaft links und rechts über die Kotflügel hinaus standen. In der Zeit um 1992 fand sich der Porsche im Programm der Firma Matchbox, um schließlich 1996 ein weiteres Mal bei Revell aufzutauchen. Diese Version trug zwar wieder das wunderschöne originale Deckelbild, entsprach jedoch ansonsten der Ausführung von 1976. Die nach wie vor gute Verfügbarkeit der Porsche Speedster-Kits und wohl auch seine etwas unglückliche Ausführung hielten die Preise mit Ausnahme der Erstauflage bisher klein, Tendenz gleichbleibend!

Der Austin Healey 100-6


1959 erschien der Multi-Piece-Bausatz des Austin Healey 100-6 von Revell (H-1217), der mit 87 Teilen in weißem und verchromtem Kunststoff eine sehr detaillierte Replik dieses Fahrzeugs entstehen ließ. Die Motorhaube und der Kofferraumdeckel waren an
stabilen Scharnieren beweglich ausgeführt; ersterer verbarg eine sehr schöne Nachbildung der im Original 117 PS starken Sechszylindermaschine, letzterer die aus Gründen der Gewichtsverteilung im Kofferraum installierte Batterie.

Ohne die beiden Hauben bestand die Karosserie im Wesentlichen aus vier Teilen, deren Trennungsfugen auf den Oberseiten der vorderen und hinteren Kotflügel lagen. Wie beim Mercedes 190 SL erforderte diese Tatsache äußerst exaktes Arbeiten sowie sorgfältiges Spachteln und Schleifen, um die Fugen unsichtbar zu machen. Einen speziellen Schwachpunkt des Healey-Kits stellten die klobigen, zweiteiligen Plastik-Speichenräder dar, die mit den Reifen eine Einheit bildeten. Wie an den beiden gezeigten Modellen zu erkennen, wechselten die ambitionierten Modellbauer diese
Steinzeiträder schon sehr bald gegen filigrane Chromspeichenfelgen und Vinylreifen von Heller, Italeri, amt oder Monogram aus.

Der Erstausgabe des Austin Healey 100-6 von 1959 folgte ein Jahr später eine Wettbewerbsversion mit anderen Felgen, einer kleinen Windschutzscheibe, einer Abdeckung für die Beifahrerseite, einem verchromten Überrollbügel und Decals für die Startnummer 31 sowie die Klebestreifen an den Scheinwerfern. Im Gegensatz zum Porsche Speedster verschwand diese Sportausführung schon sehr bald in der Versenkung; seit der ersten Wiederauflage in der „Sports Car Classic“-Serie von 1976 gab es den Austin Healey 100-6 ausschließlich in der Stock-Version zu kaufen. 1996 erschien der Kit ein weiteres Mal in einer Schachtel mit dem Original-Design von 1959, das auch in der bisher letzten Auflage von 2010 teilweise Verwendung fand. Dank dieser zahlreichen Wiederauferstehungen brauchen sich die Freunde des Austin Healey-6-Bausatzes von Revell keine Sorgen um dessen Preisentwicklung machen – es gab und gibt ihn noch immer für taschengeldtaugliche Tarife!

Der Volkswagen Bus


Genau genommen gehört der Revell-VW Bus nicht mehr zu den ursprünglichen Multi-Piece-Bausätzen, deren Karosserien aus produktionstechnischen Gründen mehrteilig sein mussten. Bei seiner ersten Auflage im Jahre 1967 galten diese Einschränkungen längst nicht mehr; hier ging es vielmehr darum, als eindrucksvolle Demonstration des im Maßstab 1:25 technisch Machbaren alle Türen und Hauben des Modells beweglich zu gestalten. Daher wurde die Karosserie in einzelne Segmente aufgeteilt, die es erlaubten, alle beweglichen Teile einschließlich ihrer Scharniere sinnvoll zu integrieren.
Unter der etwas umständlichen Bezeichnung „Deluxe Volkswagen Station Wagon“ (H-1267) stellte dieser Bausatz 1967 eine echte Sensation dar: Nicht nur die beiden vorderen, sondern auch die seitlichen Türen sowie die Heckklappe und die Motorhaube ließen sich öffnen, zur Wahl standen ein offenes und ein geschlossenes Sonnendach, im Heck konnte eine detaillierte Motor-Replik bestaunt werden und die Vorderräder ließen sich lenken.

Natürlich verfügte der Kit über passgenaue Klarsichtteile für alle Scheiben, zahlreiche Chromteile und weiche Vinylreifen. Während gut erhaltene Exemplare dieser Erstauflage heute ganz erhebliche Sammlerpreise erzielen, kommt die Anschaffung eines etwas abgewandelten T1-Kits aus dem Jahre 1979 deutlich billiger: Der „California Roller“ ist im Prinzip der gleiche Bausatz, nur als Transporter ohne Seitenfenster ausgelegt und mit Kotflügelverbreiterungen sowie Breitreifen und -felgen verunstaltet.
Obwohl der Formenbau 1967 schon sehr weit fortgeschritten war, stieß die überaus aufwändige Konstruktion des Volkswagen Station Wagons mit 173 Einzelteilen an die Grenzen des Realisierbaren. Zwar wurde der Kit sehr schnell zum Bestseller; wieviele VW Bus-Modelle allerdings halbfertig in der Mülltonne landeten oder ihre Erbauer an den Rand des Selbstmordes trieben, verliert sich im Dunkel der Bausatz Geschichte. Tatsache ist, dass es kaum möglich war, die zahlreichen Funktionsteile an ihren filigranen Scharnieren einerseits beweglich zu gestalten, andererseits aber auch passgenau ohne störende Spalten in die Karosserie zu integrieren.

Immerhin schlägt dieser Bausatz einen Bogen von den ersten Jahren des Plastikmodellbaus bis in die Gegenwart. Nachdem Revell in den ´90er Jahren eine Hasegawa-Form adaptierte und als „Samba Bus“ unter eigenem Namen verkaufte, erschien 2009 eine modifizierte Version des alten „Deluxe Volkswagen Station Wagons“ als „Volkswagen T1 Samba Bus“. Zwar wurde dieser Kit vollmundig als Neuheit angekündigt, basierte jedoch eindeutig auf den Formen von 1967. Geändert wurde lediglich die Maßstabsangabe (jetzt 1:24), das Heckteil (jetzt mit Zusatzfenster), die Stoßstangen (liegen als US und Europa-Version bei) sowie der Decalbogen mit verschiedenen Dekorstreifen und einer Auswahl unterschiedlicher Kennzeichen. Als Schwierigkeitsgrad gibt Revell „Skill 5“ an – eine ehrliche Aussage, die dazu dienen kann, Modellbau-Einsteigern ein Misserfolgserlebnis zu ersparen!

Als wichtige Station zwischen den Anfängen des Modellbaus und seiner Blütezeit in den ´60er Jahren gebührt den Multi-Piece-Kits von Revell ein Ehrenplatz in der Geschichte des Plastikmodellbaus. Nie zuvor gab es so detaillierte Modelle nach derart aktuellen Vorbildern wie in den Jahren 1956 bis 1960, doch die parallel verlaufende, atemberaubend schnelle Entwicklung bei den Promotionals und den davon abgeleiteten Bausätzen sorgten dafür, dass die Multi-PieceÄra nur von kurzer Dauer war. Trotzdem verdienen diese Kits und ihre Väter noch heute unseren Respekt – und der drückt sich nicht zuletzt in den exorbitanten Preisen für originale Multi-Piece Bausätze aus!

Danksagung:


Ein herzliches Dankeschön an alle Modellbauer, deren Kunstfertigkeit im Umgang mit historischen Bausätzen diesen Artikel erst ermöglichte:


Robert Eiber, Feucht bei Nürnberg: Cadillac Eldorado Brougham, Ford Ranchero
Ralph Siewertsen, Niebüll: Lincoln Futura
Günther Eberhardt, München: Pontiac Club de Mer, Figuren des Eldorado Brougham
Rainer Mill, Görlitz: Chevrolet Corvette 1959, beide Austin Healey 100-6
Peter Neumann, Kiefersfelden: Volkswagen T1 Samba Bus.

 

Text und Bilder: Gerhard Hoffmann, Bachmehring

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Kommentare: 2
  • #1

    Manfred Halder (Donnerstag, 25 Februar 2016 15:01)

    Heute bin ich auf diese Seite gestossen und bin begeistert.
    Eine große Fülle an interessanten Information habe ich hier gefunden. Ganz zu schweigen von den vielen toll gebauten Modellen.
    (Ist die Seite über Wordpress erstellt?)
    viele Grüße

  • #2

    Robert (Donnerstag, 25 Februar 2016 17:35)

    Hallo Manfred,
    freut mich sehr, dass Ihnen die Seite und die Modelle gefallen.
    Die Seite ist ganz normal über einen handelsüblichen Web-Seiten-Anbieter gemacht, der die Grundstruktur anbietet, die man halt noch dementsprechend verändern muss.
    Gegenfrage: Bauen Sie selber auch?
    Viele Grüße,
    Robert