Caddylegger

Eigenbau-Gespann: 1933er Cadillac V16 Woodie-Pickup und "Baby-Bootlegger"-Rennboot, Maßstab 1:16


CADDYLEGGER


Die Kombination der Namen "Cadillac" und "Bootlegger" ergeben den "Caddylegger" – ein schier unglaubliches Gespann mit einer Länge von 1,01 Meter, das aus vier verschiedenen Bausätzen sowie diversen Hölzern und Furnieren in 673 Stunden Eigenbau-Arbeit entstand.


Die Idee und die Basis-Bausätze


Nach dem Projekt "Woodgatti" (siehe Bericht in dieser Rubrik) war es an der Zeit, sich einer neuen Herausforderung zu stellen, wobei die bewährte Kombination eines Plastikmodells mit Holzaufbau beibehalten werden sollte. Aber wie ließe sich der Woodgatti toppen?


In einer älteren Schiffsmodellbau-Zeitschrift fand sich ein Bericht über ein Mahagoni-Rennboot aus den ´20er Jahren des letzten Jahrhunderts mit dem klangvollen Namen "Baby-Bootlegger". Dieses wunderschöne Boot sollte auf einem passenden Anhänger Platz finden und von einem außergewöhnlichen Woodie-Pickup im Stile dieser Zeit gezogen werden.

Als Basis dienten ingesamt vier Plastikbausätze im Maßstab 1:16: Zwei 1933er Cadillac V16-Kits von Revell für den Custom-Pickup und die Räder des Anhängers sowie zwei Ferrari Testarossa-Modelle (Italeri und Fujimi), die Sitze, Armaturenbrett und die Motoren des Fahrzeugs und des Bootes beisteuerten. Der Baby-Bootlegger entstand als Eigenbau nach Vorlagen aus dem Internet sowie der bereits erwähnten Schiffsmodellbau-Zeitschrift. Auch der Anhänger wurde komplett selbst konstruiert.



Der Pickup: Fahrwerk und Motor


Der Rahmen des 1933er Cadillac-Kits wurde zunächst um 13 Millimeter tiefer gelegt und mit neuen Aufhängungen für den Ferrari-Motorblock versehen. Um für den überbreiten Motor Platz zu schaffen, musste darüber hinaus die Bodenplatte in dem Bereich zwischen den vorderen Kotflügeln ausgesägt werden. Korrespondierend zum hölzernen "Fender Skirt" des hinteren Kotflügels wurde darüber hinaus eine dreieckige Öffnung in den vorderen Kotflügel geschnitten und mit Mahagoni-Furnier hinterlegt.

Der Pickup: Innenraum und Sitze


Eine besondere Herausforderung bestand darin, das Ferrari-Armaturenbrett in die Cadillac-Karosserie zu integrieren, wozu es mittig geteilt und um 18 Millimeter verschmälert werden musste. Der "Krokodilleder-Effekt" der beiden Sitze ließ sich durch den geschickten Einsatz getrockneter Kartoffelschalen erzielen. Als Schalthebel kam die Relings-Stange eines Schiffsmodells zum Einsatz, die Knöpfe auf der Mittelkonsole entstanden aus Stecknadelköpfen. Passend zum Aufbau wurden die Innenverkleidungen der Türen aus Mahagoni- und Birnenholz gefertigt.

Der Pickup: Die beiden Motorhauben


Um Platz für den Woodie-Aufbau zu schaffen, wurde die Cadillac- Karosserie hinter der B-Säule abgetrennt. Das verbliebene Vorderteil mit den Türen erfuhr eine "Tieferlegung" um ganze 16 Millimeter, um dem Fahrzeug eine gestreckte und elegante Form zu verleihen. Im Zuge dieser Maßnahme mussten natürlich auch die beiden Kühlermasken der austauschbaren Fronthauben entsprechend gekürzt werden.


Die beiden völlig unterschiedlichen Motorabdeckungen erlauben es, das Aussehen des Modells sozusagen im Handumdrehen komplett zu verändern. Die erste der beiden Hauben wurde mit cremefarbenem Leder überzogen und mit einer Glaskuppel sowie kleinen "LED"-Scheinwerfern aufgewertet. An die Stelle des serienmäßigen Kühlergitters trat das feine Metallnetz eines Küchensiebes. Die Oberseite der zweiten Haube entstand aus Mahagoni-Furnier, in das drei Messing-Bullaugen eines historischen Schiffsmodells eingearbeitet wurden. Als Grundlage für die lang gezogenen Scheinwerfergehäuse dienten die Kanülen einer Silikon-Kartusche, ebenfalls mit 2 Millimeter breiten Mahagoni Furnierstreifen veredelt.

Der Pickup-Aufbau


Für die Form und die Maße des Woodie-Aufbaus wurden eine Reihe exakter Zeichnungen auf der Grundlage der Cadillac-Bodenplatte angefertigt, die als Vorlage dienten. Der Aufbau selbst entstand aus 4 Millimeter Balsaholz, 4 mal 4 Millimeter Fichtenprofilen und schließlich einer doppelten Lage aus 4 Millimeter breitem Mahagoni-Furnier. Im Inneren des Aufbaus kam Birnenholz-Furnier als Verkleidungsmaterial zum Einsatz. Das edel glänzende Erscheinungsbild des Aufbaus ließ sich ein weiteres Mal (siehe Woodgatti!) nur durch gefühlte 1000 Stunden sorgfältiger Schleifarbeit und die dreimalige Versiegelung der vollkommen glatten Oberfläche durch echten (und sehr teuren!) Bootslack erreichen.

Die zweigeteilte Heckklappe, deren Unterteil ein extra eingefasstes, hinter Glas liegendes Kennzeichen erhielt, wurde mit Scharnieren aus dem Schiffsmodellbau beweglich gestaltet. Die hellen Konturleisten am Aufbau entstanden aus Birnenholz und bilden einen hervorragenden Kontrast zu dem dunklen Mahagoni-Körper. Auf der Ladefläche befindet sich eine selbst gefertigte Seemannskiste aus Rosenholz, die wichtige Ersatzteile und Werkzeuge enthält.

Die Endmontage des Pickups


Die Stunde der Wahrheit schlug bei der Endmontage des Pickups, bei der die vielen separat vorgefertigten Teile miteinander "verheiratet" werden mussten. Während dieser höchst diffizilen Arbeit traten alle Ungenauig- und Nachlässigkeiten gnadenlos zutage und erforderten immer wieder schwierige Anpassungen, ja oft sogar konzeptionelle Änderungen. Andererseits gelang es aber auch, durch nachträglich eingebrachte Ideen - wie beispielsweise die Holz- Zierleisten an den Oberseiten der Türen - das Erscheinungsbild des Modells noch zu verbessern. Die "Caddylegger"- Schriftzüge des Pickups sowie an Boot und Anhänger wurden in einem zum Gespann passenden Stil aus einer (wiederum gefühlten) Million Möglichkeiten ausgewählt und als Aufreibe-Buchstaben gefertigt, der große Schriftzug auf der Abdeckplane des Bootes dagegen aufgebügelt.

Das Boot: Spanten, Rumpf, Motor und Cockpit


Natürlich gab es im Maßstab 1:16 kein Modell eines Baby-Bootleggers, allerdings ließen sich im Internet genügend Anhaltspunkte für die Konstruktion dieses Rennbootes aufspüren. Diese Pläne mussten zunächst in die gewünschte Größe gebracht werden, bevor sich die Spanten und die Verbindungsteile auf Pappelholz zeichnen und mit dem Lasercutter ausschneiden ließen.


Der so entstandene "Rohbau" des Rumpfes wurde mit 3 Millimeter Balsaholz "eingekleidet", um danach wiederum die heißgeliebten, endlosen Schleifarbeiten durchzuführen. Dabei durfte nicht einfach drauflos geschliffen werden, denn es ging um die Konturen des Rumpfes und dessen Symmetrie, die keinen Fehler verzieh. Die so erzielte, endgültige Form des Rumpfes ließ sich anschließend mit 4 Millimeter breiten Mahagoni-Streifen furnieren, um danach erneut ausgiebigst geschliffen zu werden. Den Abschluss dieses Martyriums bildete eine Dreifach-Versiegelung der Oberfläche mit Bootslack.


Als passendes Gegenstück zum Antrieb des Zugfahrzeugs erhielt auch das Boot einen Motor aus dem Ferrari Testarossa, der hervorragend in das dafür vorgesehene Abteil passte. Auch die Sitze im Cockpit des Rennbootes ließen sich in leicht abgeänderter Form vom Ferrari übernehmen, wurden jedoch mit echtem Connolly-Leder überzogen. Die Schiffs- Armaturen stammen vom 1933er Cadillac, das Lenkrad vom Ferrari und die vielen dekorativen Chromteile aus dem Fundus eines Modellbau-Freundes (und jetzigen Besitzers!). Die Ausgestaltung des Motorraums erfolgte mit den Ferrari-Lüftern sowie einigen umgearbeiteten Trinkhalmen, die unter anderem die Auspuffrohre darstellen. Und schließlich nähte eine helfende Hand ein passgenaues Cover mit Gummizug, das sich über die Oberseite des Bootes spannen lässt, um sie vor Staub zu schützen.

Der Bootstrailer


Im Vergleich zum bisher Geleisteten gestaltete sich der Bau des Bootsanhängers relativ einfach, obwohl auch er eine exakte Planung und genauestes Arbeiten erforderte. Der Trailerrahmen entstand aus 4 mal 4 Millimeter Balsaholzleisten, während die lang gezogenen Kotflügel in ihrem ersten Leben die Seitenteile einer Tupperware-Dose waren. Die Verkleidung dieser stark gebogenen Teile mit Mahagoni-Furnier erwies sich letztlich als die größte Herausforderung bei der Entstehung dieses Anhängers.


Sowohl die sechs Räder als auch die Heck- und Positionslichter des Trailers stammen aus dem Cadillac-Bausatz, als Achsen kamen drei Stricknadeln (Elisabeth, kannst Du mir noch einmal verzeihen?) zum Einsatz. Zu guter Letzt wurde jede einzelne Balsaholzleiste mit Mahagoni-Furnier verkleidet, das Ganze wiederum bis zur Erschöpfung verschliffen und danach dreifach mit Bootslack versiegelt. Zwischen den Kotflügeln befindet sich eine herausnehmbare Kiste mit Deckel, in der sich das abgenommene, sauber zusammen gefaltete Cover des Bootes verstauen lässt.

Schlussbetrachtung


Wie bereits erwähnt, nahm die Entstehung des Caddylegger-Gespanns insgesamt 673 Stunden in Anspruch – 673 Stunden intensivster Arbeit, 673 Stunden positiven, aber auch negativen Stresses, 673 Stunden, in denen sich Erfolgserlebnisse und Niederlagen in rascher Folge abwechselten. Wenn ein Projekt wie dieses einmal begonnen wird, verselbstständigt es sich im Laufe der Zeit immer mehr: Eins kommt zum anderen, für jedes Detail gibt es eine noch bessere Lösung, die ihrerseits einen noch größeren Aufwand erfordert. Diese Besessenheit des Modellbauers mündete
hier schließlich in einem perfekten Ergebnis, einem Einzelstück, das es in dieser Form noch nie gab – und schlagartig waren alle Mühen, alle Probleme vergessen. Die Bilder und der Text dieses Berichtes sollen versuchen, einerseits den mühevollen Weg zum fertigen Modell, andererseits aber auch die Einzigartigkeit des fertigen Gespanns zu dokumentieren – und das nächste Projekt, mit dem der Caddylegger nochmals getoppt werden soll, liegt bereits auf der Werkbank!

 

Text, Bilder und Modell: Siegfried Hagen, Traismauer/Österreich

 

Danksagungen:


Ein besonderer Dank geht an meine geliebte Frau Elisabeth, die nicht nur 673 Stunden ihres Lebens auf mich verzichten, sondern auch damit leben musste, dass ich während der gesamten Bauzeit des Caddyleggers geistig mehr in der Werkstatt als sonstwo war!


Vielen Dank meiner Mutter Erika für das Nähen des genialen Covers!


Herzlichen Dank auch an meinen Bruder Peter, der die Entstehung des Modells fotografisch dokumentierte.


Die Spanten für das Boot stammen von Sebastian aus Berlin.

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Kommentare: 1
  • #1

    Kai Schmidt (Dienstag, 28 Januar 2014 15:15)

    Meine Hochachtung vor dieser Arbeit.
    Es ist ein wahrhaft unglaubliches Modell entstanden.