1959 Pontiac Bonneville

1959 Pontiac Bonneville

 

Der Doppelflosser

 

Modelhaus und R+R Resin, Maßstab 1:25

Der Doppelflosser (lat. finnus finnus) ist eine äußerst seltene Spezies aus der schon längst ausgestorbenen Gattung der mobilen US-Dinosaurier und vor allem im europäischen Raum nur

noch mit viel Glück anzutreffen.

Ich hatte das Glück, gleich drei dieser raren Vertreter nach intensiver Suche aufzuspüren. Die zum Teil sehr verwahrlosten Exemplare, wurden von mir mit viel Geduld gepflegt und aufgepäppelt, so dass alle drei Raritäten der Nachwelt erhalten blieben.


GM hatte für den Jahrgang 1959, der ja bekanntlich den Höhepunkt der Flossenmode darstellt, für jedes seiner fünf Marken ein eigenständiges Heckdesign entworfen. Buick bekam die legendären „Deltawings“ verpasst, Cadillac stakste mit ultrahohen Megafins durch die Gegend, Chevrolet hatte fast waagerechte Flügel herzuzeigen, Oldsmobile besaß elipsen-förmige Flossen, die schon kurz nach den Scheinwerfen auf den Vorderkotfügeln begannen und Pontiac hatte relativ kurze Flossen, dafür aber zwei nebeneinander, die den Rückfahrscheinwerfer umschlossen.

Dieses nach hinten breiter werdendes „V“ wiederholt sich in abgeflachter Form nochmals auf der Motorhaube – genial!


Die 59er Pontiacs teilten sich in drei Modelle auf: Catalina, Star Chief und Bonneville.

Vom hier gezeigten Bonneville gab es vier Karosserievarianten, nämlich Station Wagon, Coupe, Vista Sedan und Cabrio. Die Motoren waren immer V8 mit 260, 300 oder 310 bhp.


 

1959 Pontiac Bonneville Hardtop Coupe

Die Basis zu diesem Modell war ein schon etwas älterer Resin-Kit von Modelhaus. Der Bausatz war fast komplett, lediglich die Räder und diverse Kleinteile wie Spiegel mussten beim Chevy Impala geklaut werden.

Nach der üblichen Reinigungsprozedur und einem Auftrag mit Tamiya Grundierung freute ich mich schon auf die eigentliche Lackierung. Ausgesucht hatte ich mir ein helles Lachsrot, für das Dach ein gedecktes Weiß.


Da ich diese Farbe aber leider nicht im Autozubehörladen bekommen konnte, bestellte ich die Spraydose im Internet. Ich habe auch extra darauf geachtet, Acryllack zu kaufen. Kaum war die Farbe da, ging´s gleich ans Lackieren. Das Ergebnis war grauenvoll: Total stumpf und furchtbar uneben, weil die Farbe scheinbar sehr dickflüssig war. Also alles wieder abgelaugt, saubergemacht und eine neue Dose Lachsrot Akryllack, diesmal bei einem anderen Hersteller, bestellt.

Das Ergebnis war diesmal nur geringfügig besser, auch hier wieder sehr uneben, dafür war der Glanz da. Die Unebenheiten würden sich leicht wegschleifen und wegpolieren lassen, wenn die Farbe trocken ist. Ja, wenn! Die Pampe wollte einfach nicht aushärten! Selbst nach drei Wochen konnte man immer noch mit dem Finger lustige Muster in den Lack drücken, die dann mühsam wieder herauspoliert werden mussten.


Irgendwann war´s dann aber doch soweit gehärtet, dass man polieren und an dem Modell selbst

weiterarbeiten konnte.

Das nächste Problem war, dass die gesamte Heckblende, incl. Stoßstange ein ein Teil war und komplett verchromt war. Nun ist es aber so, dass das Mittelteil in Wagenfarbe lackiert ist. „Kein Problem“ dachte ich, „klebst halt die Stoßstange und die obere Chromblende ab und lackierst das ganze Teil“. Hat auch funktioniert, bis ich das Abklebeband abzog und damit auch den größten Teil des Chromes! Ich war vielleicht begeistert! Also zuerst die Farbe wieder abgelaugt, und dann den restlichen Chrom in einem Bad Backofenreiniger entfernt. Anschließend das Teil sauber gemacht (Scheuermilch), grundiert und dann komplett mit meinem „Lieblingslack“ lackiert. Hier dauerte die Trockenzeit komischerweise nicht so lange. Jetzt durfte ich die Heckstoßstange komplett mit Bare- Metal-Folie neu verchromen. Eine lustige Arbeit, da das Teil sehr viele Ecken und Kanten hat. Auch die obere chromspange und der Rahmen um die Rücklichter wurden nachverchromt, nur das lackierte Mittelteil wurde freigelassen. Eine Sch... Arbeit, sieht aber genial aus!


Die beiliegenden Scheiben passten tadellos (Modelhaus halt), so konnte es mit dem Interieur weitergehen.

Die Pontiacs aus dieser Zeit sind bekannt für ihre herrlichen, oft dreifarbigen Innenausstattungen. So musste auch das Innenlaben meines Modells werden! Nämlich ebenfalls lachsrot, weiß und dunkelrot. Leider hat Modelhaus die Seitenteile und Türverkleidungen nur sehr vage detailliert – eigentlich gar nicht!

Was bei den Sitzen mit dem Pinsel gemacht werden konnte, war an den Seiten unmöglich. Also habe ich mir mit in Form geschnittenen Streifendecals von „Interdecal“ geholfen. Die gibt es in verschiedenen Breiten und Farben, müssen halt in der entsprechenden Form ausgeschnitten werden.

Dann legt man das Decal auf die entsprechende Fläche und lässt es antrocknen, damit es nicht mehr verrutscht. Nun ist es aber beim Pontiac so, dass auf das weiße Decal noch ein breiter Streifen chromfarbenes Decal drauf muss. Das war lustig, denn sobald man mit dem nassen Chromdecal auf das weiße Decal traf, löste sich das weiße wieder! Eine ewige Fummelei mit Zahnstochern und Wattestäbchen, bis alles an Ort und Stelle war. Zum Schluss noch mit Micro Sol fixiert und über Nacht trocknen lassen. Anschließend durfte ich das ganze Prozedere auf der anderen Seite wiederholen...


Dafür ging der Rest jetzt reibungslos über die Bühne, der Unterboden mit den Revell-Reifen flutschte fast von alleine unter den Body und auch die Chromteile machten wenig Probleme. Wäre das Problem mit dem immernassen Lack nicht gewesen, hätte das Modell noch mehr Spaß bereitet, als es trotz der ganzen Herausforderungen eh schon gemacht hat.

So konnte es jetzt mit dem Cabrio weitergehen:

 

1959 Pontiac Bonneville Convertible

 

Die Basis zum Cabrio war ebenfalls ein Resin-Coupe von Modelhaus, aber noch aus ganz frühen Jahren, erkennbar am dunkelbraunen Resin. Leider hatte der Typ in den USA, bei dem ich das Modell vor vielen Jahren bereits gekauft hatte, nichts für gewissenhafte Verpackung übrig. Das Ergebnis war, dass sämtliche Dachpfosten abgebrochen waren und deshalb das Dach und die Säulen lose in der Schachtel herumlagen. Eigentlich ein Fall für den Müll. Ich habe ihn aber trotzdem aufgehoben – man weiß ja nie...

Bis dann bei einem Gespräch mit meinem Freund Gerhard, dem ich mein 59er Pontiac-Leid klagte, die Bemerkung von ihm kam: „Da passt doch der Scheibenrahmen vom 59 Chevy drauf. Mach halt ein Cabrio draus“.


Und er sollte Recht behalten! Die Chevy-Teile passten perfekt. Es musste nur der untere Scheibenrahmen von der Karosserie abgeschliffen werden und schon konnte es ans Lackieren gehen.

Beim Lack habe ich mich für ein helles Grünmetallic entschieden, ich hatte nämlich noch eine halbe Dose übrig (siehe Bericht 65 Pontiac Tempest Wagon). Überzogen mit einer Schicht 2K-Klarlack klappte die Lackierung diesmal tadellos.


Auch das Interieur, in grün, weiß und rot bemalt, gab wenig Anlass zur Sorge. Hier waren auch die Gravuren an den Seitenteilen besser sichtbar als beim Coupe, so konnte teils mit Farbe und Pinsel, teils wieder mit Decals gearbeitet werden. Der Teppich wurde mit grauem Viscose-Pulver beflockt.


Der Chrom passte auch besser als beim Coupe, an der Heckschürze ging ich genauso wie beim

Coupe vor: Entchromen, lackieren und anschließend mit Bare-Metal neu verchromen.


Auch das Fahrwerk/Unterboden ist identisch mit dem Coupe, die Reifen stammen wieder vom

Chevrolet. Nachdem alles soweit zusammengebaut war, kamen zum Schluss noch der Scheibenrahmen, die Scheibe selbst, die Sonnenblenden, die Seitenfensterchen mit Gläsern und die Scheibenwischer vom Impala dran. Auch die Verdeckabdeckung ist vom Revell-Kit.


Also nicht immer gleich alles wegwerfen, vielleicht kann man es doch noch verwenden...

Um das Trio zu vervollständigen, wartete noch der Safari Station Wagon von R+R auf mich. Wie erwartet, wieder eine besondere Herausforderung:

 

1959 Pontiac Bonneville Safari Wagon

Der Resin-Kit für den Station Wagon stammt mal wieder von R+R und beinhaltete Karosserie, Interieur, Gläser, Unterboden und den Chrom. Die Raddeckel stammen von Modelhaus, der Rest wie Reifen, Spiegel vom Chevy und das Lenkrad aus der Wühlkiste.

Über das Für und Wider von R+R-Kits habe ich mich ja schon an anderer Stelle ausführlich ausgelassen, so gab es auch hier Licht und Schatten.


Die Karosserie war verhältnismäßig gut gegossen, auch die Dachpfosten nicht so dick wie sonst

immer. So konnte nach wenig Ausbessern und verschleifen bereits mit dem Lackieren begonnen werden. Ich habe mich für ein klassisches Schwarz-Weiß mit roter Innenausstattung entschieden, wie es mir auf einer alten Werbezeichnung aufgefallen ist.


Hier ging alles glatt und auch das Verchromen bereitete (fast) keine Probleme. „Fast“, weil mir erst nach langem Rätseln, was denn an dem Chrom nicht stimmt aufgefallen ist, dass das vierte Chromrechteck an den Flanken fehlt, es waren nur drei gegossen. Also wurde das fehlende Teil durch genau ausgemessene Chromfolie ergänzt. Merkt kein Mensch... ;-)


Die Seitenscheiben, die sich ja Richtung Heckklappe biegen, passten diesmal hervorragend, dafür machte die Windschutzscheibe Kopfzerbrechen, weil sie etwas zu schmal ist. Die Scheibe vom Chevrolet-Kit hätte zwar die richtige Breite gehabt, dafür war sie zu flach. Und die dem Kit beiliegende, passte in der Höhe, dafür nicht in der Breite. Egal – ich habe sie einfach mittig eingeklebt, jetzt ist halt links und rechts an der A-Säule ein kleiner Spalt. R+R eben...


Das Interieur wurde rot-weiß-schwarz bemalt, wobei der schwarze Mittelstreifen auf den Sitzen ein Decal ist. Auch die weiß-chrom-Flächen an den Türverkleidungen sind wieder in der Decal- Schnippel-Version entstanden. Das Lenkrad und die Lenksäule stammen aus der Teilekiste, wobei die Lenksäule mit einem Stück Rundholz verlängert werden musste. Der Teppich ist wieder mit Viscose-Flocken bestäubt, natürlich passend in rot.


Die Chromteile waren (oder sind) von R+R-typischer eher minderwertigen Qualität, vor allem die linke Wange der Heckstoßstange musste völlig neu selbst hergestellt werden, da die Ecke einfach

fehlte. Ich durfte also mit mehreren Lagen dünner Evergreen-Streifen, viel Sekundenkleber, Spachtel und Geschimpfe und Gefluche (Resin und Plastik hält leider sehr schlecht zusammen), die Ecke modellieren und dann mit Folie verchromen.

Der restliche Zusammenbau verlief dann glücklicherweise ohne größere Kapriolen, das Fahrwerk und die restlichen Chromteile waren schnell zusammengefügt, der Spiegel stammt mal wieder aus der Teilekiste.

Mit „relativ“ wenig Aufwand konnten also drei dieser seltenen Doppelflosser erhalten werden, es gibt aber noch weitere rare Spezien aus der Gattung US-Dinosaurier zu retten. Vielleicht mal wieder einen aus den Siebzigern?

 

Ach ja: Da kommen beim Coupe Erinnerungen auf, gell Gerhard?

Modelle, Text und Bilder: Robert Eiber, Feucht bei Nürnberg

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Kommentare: 2
  • #1

    Reinhold (Freitag, 24 Februar 2017 17:20)

    Da bleibt einem ja die Spucke weg, was für geniale Modelle da entstanden sind! Die 59´Pontiacs sind für mich sowieso nicht nur eine der schönsten Vertreter aus den 50igern, sondern überhaupt! Ich liebe die Form des einmaligen Designs mit der geteilten Frontpartie, den doppelten Heckflossen und dem breitspurigen Fahrwerk. Und vor allem die atemberaubende Innenraumgestaltung - mit Decals - hier werden neue Maßstäbe gesetzt. Ich freue mich schon, die Modelle in Natura zu sehen; nur im Moment hab ich leider noch ein bischen viel mit Arbeit um die Ohren. aber auch diese Zeit wird irgendwann hoffentlich wieder vorbei sein! Danke Robert und ich bin auch schon gespannt auf Dein nächstes Projekt....

  • #2

    Oliver Löbert (Samstag, 25 Februar 2017 14:50)

    Typisch Robert, baut gleich alle drei Varianten statt ein Modell aus dem Jahrgang von einer Marke. Ich freue mich auch schon auf die echten Modelle vor meinen eigenen Augen. Robert hält unser Hobby am Leben wie kein anderer Auto-Modellbauer den ich kenne. Danke!