1960 Oldsmobile Super 98

Oldsmobile Super 98 Hardtop Coupe 1960

 

Die blaue Mauritius

 

Jo-Han, Maßstab 1:25 und andere Oldsmobile-Bausätze

Die blaue Mauritius

Oldsmobile-Bausätze im Maßstab 1:25 sind eher selten – trotzdem weisen die Jahrgänge 1959 bis 1965 eine erstaunliche Vielfalt auf, angeführt vom super raren Modell des 1960er Super 98 Hardtop Coupe.

Oldsmobile 1960

In der General Motors Hierarchie der ´50er und ´60er Jahre fiel Oldsmobile die Rolle der „Experimental Company“ zu. Zahlreiche Show Cars aus dieser Zeit trugen den Namen Oldsmobile, fast immer im Zusammenhang mit der Bezeichnung „Rocket“. Damit war nicht nur der Olds eigene V 8-Motor gemeint, sondern auch die an eine Rakete erinnernde Linienführung, wie sie viele der Showcars trugen.

Die „Rocket-Beltline“ fand sich erstmals 1959 an einem Serienmodell und bezeichnete die raketenähnliche Ausprägung der Gürtellinie, die mit einem Chromornament auf dem vorderen Kotflügel begann und – immer breiter werdend, oft auch farblich abgesetzt – in den riesigen Rücklichtern endete.

Dieser Styling-Gag wurde zwar 1960 schon wieder aufgegeben, trotzdem waren die Oldsmobiles dieses Jahrgangs riesige, beeindruckend gestaltete Fahrzeuge. Wie schon 1959 betonten die weit auseinander liegenden Frontscheinwerfer die Breite des Wagens, die Seitenansicht dominierte ein gewaltiger Chromstreifen, der vom vorderen Kotflügelende mit einer Absenkung hinter den hinteren Radläufen bis zur Heckstoßstange verlief.

In den drei Modellreihen „Dynamic 88“ und „Super 88“ (beide Radstand 123 Inches) sowie in der darüber angesiedelten Modellreihe „98“ (Radstand 126,3 Inches) gab es eine Vielfalt an Karosserie- und Ausstattungs-Varianten. Das „Ninety Eight Sceni Coupe Hardtop“, Vorbild des Jo Han Promos und des Bausatzes, wurde 7635 mal gebaut und kostete 1960 4.063 Dollar.


Die Oldsmobile-Bausätze 1959 - 1965

Ab dem Jahr 1959 lag die Fertigung der Bausätze, die auf den Werbemodellen im Maßstab 1:25 basierten, in den Händen der Firma John Haenles („Jo-Han“).

Gleich der erste Oldsmobile-Kit, ein Super 88 4 Door „Vista“ Hardtop Sedan stellt aus heutiger Sicht etwas ganz Besonderes dar, bildete er doch den viertürigen Hardtop Sedan mit der weit herum gezogenen „Vista“-Heckscheibe nach, über der das Dach zu schweben scheint.


Diese nur 1959 und 1960 bei GM produzierte Karosserieform wurde seither in keinem Bausatz, ob Annual oder neueren Datums, mehr gesehen!

Im Gegensatz zu den "3 in 1" (Stock, Custom, Racing)-Bausätzen von amt waren die Jo- Han-Kits von 1959 lediglich als "2 in 1" mit zahlreichen Custom-Teilen (Fender Skirts, Heckflossen, Baby Moons, Side Pipes, Louvres sowie Flammen- und Pinstripe-Decals) und natürlich der Serien-Version ausgelegt. Dieses Muster wurde für 1960 übernommen, ebenso die Curbside-Bauweise mit verschlossener Motorhaube und die Bodenplatte ohne Innenkotfügel. Das Vorbild des Modells änderte sich allerdings gravierend: An die Stelle der viertürigen Super 88 Hardtop Limousine trat nun das zweitürige „Ninety Eight Sceni Hardtop Coupe“. Wie 1959 waren alle Bausätze des Jahres 1960 in einer Einheits- Schachtel verpackt, deren Deckelbild ein Phantasieauto auf gelbem Grund schmückte und deren Seitenteile die Vielfalt der Decals und der Custom-Teile illustrierten.


1961 erfolgte bei Jo-Han eine Rückbesinnung auf die viertürige Super 88 Hardtop Limousine auch das eine Seltenheit im Cabrio- und Coupe-dominierten Bausatz-Markt! Während Revell und vor allem Hauptkonkurrent amt/smp bereits Bausatz- Modelle mit detaillierten Motor-Nachbildungen anboten, blieben die Fronthauben bei Jo-Han 1961 noch fest verschlossen. Auch zu Innenkotflügeln an der Bodenplatte vermochte man sich nicht durchzuringen, was den aus der Schachtel gebauten Repliken einen unerwünschten Spielzeug-Effekt verlieh.


Auch 1962 diente der Super 88 4-Door Hardtop Sedan als Vorbild für das Jo-Han-Promo und den „3 in 1“- Kit. Trotz der ständig steigenden Anzahl an Custom-Teilen und Decals verloren die Jo Han-Bausätze – weiterhin ohne Motornachbildungen – an Boden gegen die bis an den Rand mit Motor- und Tuning-Teilen gefüllten Schachteln der Konkurrenz. Daran konnten auch die jetzt erstmals vorhandenen Innenkotflügel nichts mehr ändern – die Seltenheit (daran gekoppelt auch die Preis-Entwicklung!) dieser alten Jo-Han-Kits beweist ihre schon damals nicht allzu große Verbreitung.


1963 wurden das Oldsmobile Starfire Hardtop Coupe und das Convertible als Vorbilder für die Werbemodelle und die Bausätze auserkoren, endlich auch mit Motornachbildung. Die Abbildung zeigt die Jo-Han-Wiederauflage in der „USA Oldies“-Serie aus den ´70er Jahren. Das Starfire Cabriolet erschien noch einmal ganz kurz als Promo-Wiederauflage in den späten ´80er Jahren bei XEL.


1964 kam dann der große Wechsel: amt übernahm von Jo-Han und brachte den Sub Compact Oldsmobile Cutlass als Hardtop Coupe und Convertible heraus. Aber schon 1965 besann man sich wieder auf die wahre Größe und so erschien folgerichtig bei amt das Oldsmobile Dynamic 88 Hardtop Coupe als „3 in 1 Customizing Kit“ (in der Abbildung oben). Ab 1966 protegierte Oldsmobile dann den Toronado, den es zeitweise von Jo-Han, amt und mpc gab – aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte!



Das Modell des 1960er Oldsmobile Ninety Eight Hardtop Coupes

Wie so viele der hier vorgestellten Modelle war auch der ´60er Olds in seinem ersten Leben ein mehr schlecht als recht zusammen gekleistertes Teil. Viele der gebauten Modelle aus jener Zeit wurden unter großzügiger Verwendung der im Bausatz vorhandenen Custom-Teile „aufgewertet“, dafür aber oftmals (ihren Schöpfern sei Dank!) nicht lackiert. So auch beim ´60er Oldsmobile: Mit Pactra-Kleber (der den Kunststoff anfrisst!) hinbetonierte Fender Skirts, überall Löcher für Antennen, Rückspiegel und Suchscheinwerfer, Kleberflecken auf den Scheiben, blinde Chromteile – kurz, ein Bild des Jammers!


Und so fristete das verhunzte Modell viele Jahre lang ein Mauerblümchen-Dasein zwischen anderen Opfern der Modellbauer aus den ´60er Jahren. Der Autor dieser Zeilen hätte sich niemals an die Restaurierung des Wracks getraut, hätte sich nicht Robert Eiber, der Betreiber dieser Website, bereit erklärt, die Karosserie in einen lackierfähigen Zustand zu versetzen. Dank Don Holthaus, der sein Geschäft damals noch führte, waren die fehlenden Radkappen kein Problem und auch die Chromteile legten bei Chromtech USA neuen Glanz auf.


Und Robert hat es geschafft! Die Spuren der modellbauerischen Vergewaltigung aus den ´60ern verschwanden in nächtelangen Schleif- und Spachtelorgien fast völlig, eine lackierfertige Karosserie war das überaus erfreuliche Ergebnis. Das fertige Modell zeigt einmal mehr, wozu echte Freundschaft in Teamwork imstande ist:

Die Blaue Mauritius des Automodellbaus, auferstanden wie Phoenix aus der Asche aus einem schon verloren geglaubten Builder, heute eines der Glanzstücke in der Annual-Vitrine!

Modell, Text und Bilder: Gerhard Hoffmann, Bachmehring

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Robert (Sonntag, 23 April 2017 17:08)

    So ein altes Schätzchen ist aller Mühen wert! Es sah auf den ersten Blick schlimmer aus, als es dann tatsächlich war. Und Gerhard hat mal wieder etwas ganz Besonderes aus dem Teil gezaubert, wenn man bedenkt, dass diese Lackierung mit dem Pinsel gemacht ist - unglaublich! Gerhard - tolles Modell, ich habe gerne geholfen!

  • #2

    Oliver Löbert (Sonntag, 23 April 2017 18:20)

    Wenn man mal eine Pinsellackierung von Gerhard gesehen hat dann bleibt einem die Spucke
    weg weil die meisten Sprühlackierungen nicht so gut aussehen. Ich weis nicht wie er das genau macht aber es sieht bei Weitem nicht aus wie eine Pinsellackierung. Soviel nur zur sogenannten "Pinsellackierung" weil manche vielleicht eine gewisse Voreingenommenheit gegenüber dieser Lackiermethode haben. Wenn es jemand kann dann Gerhard und zum Modell kann man auch nur gratulieren.

  • #3

    Gerhard (Montag, 24 April 2017 19:31)

    Vielen Dank für Eure Anerkennung - ich habe in diesem Bericht bewusst auf die Erwähnung der Pinsellackierung verzichtet, weil ich mich dafür unter den vielen Airbrush- und Spritzlackierungs-Perfektionisten immer ein bisschen geniere. Pro Pinsellackierung lässt sich immerhin anführen, dass es eine sehr umweltschonende, zeitsparende und preisgünstige Methode ist, Farbe auf ein Modell zu bekommen. Contra Pinsellackierung spricht auf jeden Fall, dass man es - auch wenn Oli das Gegenteil behauptet - sehr wohl erkennt, wenn das Modell auf diese Art und Weise lackiert wurde. Der relativ starke Farbauftrag verwäscht einfach die feinen Gravuren und Konturen, obwohl er andererseits dank seiner Dicke sehr gut mit dem Polishing Set zu behandeln ist. Als ich in den späten ´50er Jahren begann, Modelle zu bauen, gab es nichts anderes als den Pinsel, sofern man überhaupt lackierte, was keineswegs so selbstverständlich war wie heute. Und so denke ich, dass es gerade bei den Annuals aus dieser Zeit einigermaßen legitim ist, sie so zu lackieren, wie es damals auch gemacht worden wäre!

  • #4

    Reinhold (Mittwoch, 26 April 2017 08:22)

    Ja Gerhard, ich kann mich Roberts und Olis Meinung nur anschließen: einfach toll gemacht! Wir konnten das Teil ja schon neulich beim Robert in Natura bewundern! Ich wäre froh, wenn ich eine Lackierung mit dem Pinsel so hinbekommen würde - dann könnt ich auch mal in der kalten Jahreszeit (die uns ja trotz Ende April noch immer heimsucht) auch mal ein Automodell bauen! Wenn Du noch mehr solche Schätze hast - stell die ruhig mal vor - bin neugierig!