Car Puzzle Truck

Car Puzzle Truck

 

"Rollende Resterampe"

 

Truck-Eigenbau, Maßstab 1:25

Aller Anfang ...

 

ist bekanntlich schwer.

Die Grundidee zu diesem Modell fand ich genau genommen schon 1985 - wenn auch nur zweidimensional - in den ersten Heften des "Collectible Automobile" ein "Car Puzzle" als Rätselecke für US-Car Freaks. Damals habe ich allerdings noch keinen Gedanken darauf ver(sch)wendet, daraus mal ein dreidimensionales Gebilde zu realisieren. Dass der Zündfunke übersprang, verdanke ich einer ausreichenden Anzahl Modelle, die einfach nicht (mehr) meinen im Laufe der Jahre gestiegenen Ansprüchen genügten. Dabei handelte es sich zum Teil um eigene Machwerke aus einer früheren Schaffensperiode, aber auch um ebay-Käufe der Rubrik "Bastelschrott" und ähnlichem, die sich dann beim Auspacken tatsächlich als Bastelschrott entpuppten.

Und dann war da die unvermeidliche Frage aller Fragen: "Was zum Teufel mach' ich mit diesem Zeug?"

Das "Zeug" einfach in den Müll zu entsorgen kam ja nicht in Frage. Aber der Reihe nach.

Der Start: Ideen, Material und - viel wichtiger - Mut sammeln

 

Normalerweise greife ich nicht unbedingt sofort zur Säge, wenn mir eine Modellbauidee in den Sinn kommt. Zersägt ist nämlich zersägt; anders als beim Computer gibt es hier keine Rückgängig-Taste.

Wie also teilt man die Schlachtmodelle - nein falsch - das Ausgangsmaterial in sinnvoller Weise auf? Ein Grundgedanke war von Anfang an, vom gesamten Material möglichst viel in meinem Modell "unterbringen" - idealerweise sollte von den Schlachtmodellen nur das nackte Chassis übrig bleiben. Alles andere würde meine ohnehin reich gefüllten Krabbelkiste zum Überlaufen bringen - einfach wegwerfen traut man sich ja doch nicht.

Also muss was GROSSES her! 

Also ein LKW?

 

Trucks sind eigentlich nicht so mein Fall - aber in der Not frisst der Teufel Fliegen! Aber dann sollte das Ding vielleicht auch "zu was nütze sein" - anders als viele RatRods, die gerade mal geeignet sind, bei trockenem Sommerwetter zwei Personen zum nächsten RatRodMeeting zu transportieren - es sollte ja schließlich ein Nutzfahrzeug werden!

Also WOZU könnte das Ding nützlich sein?

Eine Internet-Suche nach "Rat", "Rod" und "Truck" ließ am Ende die Idee eines CarTransporters Gestalt annehmen.

Planung mit Excel

 

Also wird es tatsächlich ein Truck! Planungfetzen wirbelten in meinen grauen Zellen umher, ohne dass ich sie irgendwie zu einem sinnvollen Ganzen sortieren konnte. Da musste was zum Anschauen her, an dem das Auge sich festbeißen und man eventuell vorhandene Denkfehler rechtzeitig erkennen konnte.

Schaut es Euch ruhig mal etwas länger an - vielleicht kommt Ihr klar damit? Eines sei in der Rückschau gleich verraten: Der Plan hat mir zwar sehr geholfen, meine Ideen zu konkretisieren, aber daran gehalten habe ich mich letztendlich doch nicht.

Ein LKW-Bausatz wird gekauft.

 

Den wohl endgültigen Anschub, den Plan tatsächlich in die Tat umzusetzen, lieferte mir das Angebot von einem Hobbykollegen in Jabekke: für kleines Geld erstand ich einen Snap Kit eines US-Truck aus den 1980er Jahren. 

 

Es konnte also losgehen.


Das Chassis muss verlängert werden

 

Eine erste Sichtung und Vermessung des Kits ergab, dass der Rahmen viel zu kurz war für das, was ich damit vorhatte. Also hieß es dreimal tief durchatmen, die Säge ansetzen und den Rahmen im Mittelteil ein Stück verlängern. 

Als nächstes wurde die Vorderachse lenkbar gemacht. Das musste sein!

Endlich war die Säge-Hemmung überwunden

 

- und die ersten beiden Modelle werden zerlegt! .. und gleich darauf wurden die ersten Teile in völlig ungewohnter Weise zusammengefügt.


Der Wunsch, möglichst viel von den Spendermodellen zu verwenden, bescherte dem Truck diese technisch eigentlich völlig überflüssige "Schnauze" - der Gedanke, dort den Kühler unterzubringen, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren.

 

Die Idee einer Seitenverkleidung unterhalb der Rahmenoberkante zwischen den Achsen dagegen schon.


Der Gedanke, das Interieur des 1958er Thunderbirds in Stauräume links und rechts vom Rahmen umzufunktionieren, kam mir erst bei der Anprobe - Appetit kommt beim Essen!

Die Türen des Donnervogels hatte der Hersteller ja schon zum Öffnen vorgesehen.

Das Heck

 

Auf gar keinen Fall durfte das Heck des LKW nackt bleiben! Dahin kommt ein richtiger Kofferraum wie bei vernünftigen PKW üblich! Den Gedanken, den Truck einen Anhänger ziehen zu lassen, musste ich dafür allerdings aufgegeben.

Nun geht ein LKW gewöhnlich etwas mehr in die Höh' und Breite als ein PKW - selbst wenn dieser amerikanischen Größenordnungen entspricht. 

Da braucht man schon Teile von zwei PKW-Hecks, um diesen Platz zu füllen. Zum Glück bot das Konzept des Trucks als RatRod den Vorteil, dass es reichte, wenn die Teile "nur so ungefähr" zusammenpassten! Als Lückenfüller dienten Plastikreste oder auch mal ein Stück Evergreen-Profil.

Zwischenstand

 

Damit stand fürs erste die Verkleidung rundum im Rohbau. Reichlich Detailarbeit wird noch folgen.

Immerhin: Bis zur Rahmenoberkante sieht's ja von weitem schon ganz entfernt aus

Das Fahrerhaus

 

Wieder wütete der Kreissägen-Vandalismus - die nächsten beiden Opfer zerfielen in Einzelteile...

 

... und wurden in etwas unüblicher Weise wieder zusammengeklebt.


Motorhaube und vordere Kotflügel

 

Dem vorderen Teil der 1953 Corvette erging es ähnlich wie dem Heck des 1959 Chevy: Die Karosserie wurde mittig durchgesägt, mit den Oberseiten nach außen gedreht und verklebt.

Nein - ganz so einfach war es doch nicht - das Ding musste klappbar montiert werden! Den Motor darunter wollte ja ich nicht verstecken!

Fast zeitgleich entstand aus dem unteren Teil des Chevy Nomad die Umrandung der Ladefläche; dazu allerdings später mehr.

Jetzt gab es allerdings ein Problem: Der riesige Kühler des Trucks passte nicht mehr unter die Haube. Da ließ sich auch nichts mehr "tricksen" - da war einfach kein Platz mehr! Dumm gelaufen!

So bekam die Schnauze aus den Ford-Teilen doch noch zu ihrer Berechtigung: Aus Evergreen-Profilteilen und Stücken aus CD-Hüllen entstand ein Hilfsrahmen, der dann einen Eigenbau-Kühler aufnehmen musste.

 

Das Original passte auch hier hinten und vorne nicht! 


Interieur

 

Eigentlich dachte ich, das Interieur des Chevy Nomad oder des Ford einfach komplett zu übernehmen. Dann aber stellte sich heraus, dass die Karosse etwas breiter ausgefallen war als das originale Modell, so dass "einfach nichts mehr passte".

Also war Eigenbau gefragt.

Ich verwendete die Sitze des 1956 Ford - die mussten allerdings durch untergeklebte Sockel an die größere Innenraumhöhe angepasst werden.

Jetzt blieb zwischen den Sitzreihen eine Menge Platz - eine dritte Sitzreihe aus "Kinosesseln" passte locker dazwischen. Das Material dazu lieferte ein Anbieter von Architektur-Modellbaumaterial für überraschend kleines Geld.

Das Armaturenbrett stammt aus dem Thunderbird - und auch das mußte um ca 5mm verbreitert werden.

Motor

 

Beim Betrachten des Motormodells aus dem Bausatz stellte ich fest, dass die Typbezeichnung auf dem Zylinderkopfdeckel zu lesen war.

Aha! Eine Spur, welchen Motor ich da vor mir hatte! Denn ein paar Kabel und Leitungen hätte die Maschine doch wohl verdient, oder? Idealerweise auch gleich an den RICHTIGEN Stellen! Allerdings bescherte mir diese Idee zunächst eine endlose Bilder-Google. Zwar fand ich tatsächlich eine Menge Bilder zum Thema, aber kein Motor dieses Typs glich dem anderen! Und dem aus dem Bausatz schon gar nicht! Da ich dummerweise nicht in allen Fällen weiß, welchem Zweck welches Anbauteil dient - und vor allem, welche Leitung von wo nach wo zu führen hat, kann das peinlich werden!

Trotzdem hoffe ich, dass am Ende ein zumindest optisch stimmiges Motormodell entstanden ist. 

 Verkabelung des Chassis

 

Wieder es eine endlose Internet-Suche auf Antworten zu Fragen wie "(wie funktioniert die hydraulische Bremsanlage und) wie sehen die einzelnen Bauteile aus?"

Zum Glück fand ich am Ende ein paar informative Videos auf Youtube! Die haben mit am Ende mehr gebracht als die ewige Bildersuche zuvor.

Ladefläche

 

Die Umrandung der Ladefläche war zu diesem Zeitpunkt ja längst fertig. Die Türen rauszuschneiden und beweglich zu machen, war zwar zeitaufwendig, aber nicht weiter schwierig. Nur die Türspalte machten etwas Probleme: sie sollte ja möglichst klein sein, aber trotzdem durften die Türen nicht klemmen.

Das Innere - also die Ladefläche und die Verkleidung an der Innenseite der Umrandung - allerdings entstand komplett aus Evergreen-Stäben und Plastiksheet.

Kippmechanismus

 

Die trapezförmige Geometrie der Hebevorrichtung zu konstruieren fand ich gar nicht mal so kompliziert - den vorderen Hebel macht man etwas länger als den hinteren mit dem Ergebnis, dass die Ladefläche sich vorne stärker hebt als hinten - wenn ich den Unterschied auch nicht mehr so ausgeprägt machen würde. Die Fläche steht im runtergefahrenen Zustand doch etwas gar zu steil. Ohne Seilwinde geht da nicht mehr. Also musste ich unbedingt auch eine Seilwinde einbauen!


Der "Bausatz" ist fertig!

 

Das Gefühl kennt jeder Modellbauer: Er öffnet einen frisch erstandenen Bausatz und sichtet die Einzelteile.

Fast genau so fühlte ich mich beim Knipsen dieser Bilder - nur mit einem großen Unterschied: den Bausatz zu "erwerben" hat mich so viel Zeit gekostet, dass ich fast schon die Nase voll hatte! 


Lackierung

 

Weiter gebaut habe ich natürlich trotzdem.

Lackierung und Zusammenbau von Motor und Chassis verliefen eher problemlos; Die großen Fragen der Art "was setze ich wohin" und ähnlich waren ja alle schon gelöst. 



Karosserie

 

Das beherrschende Motto bei diesem Modell war ja "Alle Fahrzeuge stammen von Schrottplatz". Also mussten eben die Spuren einer langen Standzeit sichtbar gemacht oder vielmehr mit dem Pinsel aufgemalt werden. 

Fertig für die Vitrine

 

Lassen wir hier mal die Bilder alleine sprechen



Verpackt

 

Eine Reise für so ein Modell ist immer irgendwie ein Risiko - je größer desto eher passiert es, dass beim Hantieren ein Teil abbricht und vielleicht sogar verloren geht. Da hat sich die Kiste aus dünnem Plakatkarton bestens bewährt. Aus Restteilen gefaltete Einsätze halten das Modell unverrückbar fest am Platz.

Durch den dünnen Karton nimmt die Kiste nicht viel zusätzlichen Platz ein und bringt auch kaum zusätzliches Gewicht bei ausreichend Stabilität. 


Modell, Text und Bilder: Michael Diehl, Mörfelden

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Kommentare: 2
  • #1

    Oliver Löbert (Donnerstag, 22 Februar 2018 16:42)

    Vogelwild :-) Mehr fällt mir dazu nicht mehr ein. Jeder hat doch irgendwo seine Reste von irgendwelchen Bausätzen herumliegen. Was macht man damit nur? Genau, man macht ein Schrottplatzdiorama oder sowas wie hier gezeigt. Tolle Idee!

  • #2

    Gerhard (Freitag, 23 Februar 2018 13:38)

    Ein echter Mike - und ein extrem schlüssiger Bericht, in dem sich die Intention des Ganzen und die doch recht aufwändige Entstehung schlüssig nachvollziehen lassen. Respekt Mike - und jetzt nicht locker lassen, Dein Fundus birgt noch mehr solcher Schätze!