Exner Pierce Arrow

Exner Pierce Arrow

 

Gluebomb Resurrection

 

Renwal, Maßstab 1:25

Um eine Wiederauferstehung im wahrsten Sinn des Wortes handelt es sich bei dem zweifarbig roten Pierce Arrow, auf dem diesmal das Hauptaugenmerk liegen soll.

Die beiden anderen sind ‚out of the box‘-Produkte. Alle drei wurden von mir gebaut. Es sind auch die einzigen, die ich je zu Gesicht bekommen habe.

Den ersten roten Pierce Arrow habe ich vor etlichen Jahren strikt nach Bauanleitung gebaut (nachzulesen in „Mysterious Kits, die Renval-Story Teil II“ – hier auf diesen Seiten). 


Nachdem mir eine gütige Fügung des Schicksals tatsächlich einen zweiten bescherte, konnte ich eine Reminiszenz ans Original verwirklichen, einen „Pierce Silver Arrow“. Silbermetallic war in den Zeiten vor dem 2. Weltkrieg eine schwierige und teure Sache und deshalb nur für Edelautos sehr selten verwendet worden. Daher der Name für diese Luxuskarosse „Silver Arrow“. So hab‘ ich ihn in Two-tone – silber und rauchsilber – lackiert, beides Farben von Mercedes.

Der abgebildete Urahn aus den 30ern auf dem Exners Fiktion basiert ist von Danbury Mint.


Da das ganze Auto Fiktion ist, bekam er anstatt des 12-Zylinder-Einheitsmotors – der auch im Düsenbergbausatz der Serie enthalten ist – einen Ferrari 12-Zyl. aus dem 62er GTO von Italeri implantiert. (Joint Venture zwischen Ferrari und der wiederauferstandenen Fa. Pierce Arrow.) Noch ohne dazugehörige Peripherie wie Rahmen, Achsen usw., einfach im Sinne wie Renval das Problem Motorisierung gehändelt hätte.

Bestandteil eines Deals mit dem Guru war: Ich restauriere ihm was. Also zauberte er eine Originalschachtel von Renval herbei mit einem Pierce Arrow-Fragment in frustrierend schrecklichem Zustand. Das Ding war mausetot, unvollständig, unlackiert (was auf die Habenseite gehört) und mit mindestens einer ganzen Tube Klebstoff zusammengeschustert worden! So lautete die deprimierende Bestandsaufnahme nach der ersten Inspektion. Eigentlich ein Fall für die Ersatzteilkiste. Zunächst versuchte ich die Leiche zu sezieren, um die einzelnen Komponenten wieder in gebrauchsfähigen Basiszustand zu versetzen. Zum Glück hatte das unbekannte Genie darauf verzichtet, vor dem Anbetonieren der Chromteile die Klebestellen vom Chrom zu befreien. Hätte er das gemacht, wären bei diesem massiven Klebstoffeinsatz zumindest die filigranen Fensterrahmen nicht zu retten gewesen. Renval selber hatte darauf verzichtet, in die dünnen Seitenrahmen Scheiben einzusetzen, was ich immer in Eigenregie getan habe. So konnte ich die Teile wieder säubern und bei Chrom Tech USA mit neuem Glanz versehen lassen.

Hintere Stoßstangen habe ich zwei!?! Beim Schrott, den ich mal vom Düsenberg erwarb und zum Roadster umgebaut hab‘, war auch eine Pierce Arrow-Stoßstange. Wieso weiß keiner. Irgendwo gibt oder gab es also einen Vierten. Besser zwei als gar keine und vielleicht taucht ja mal der Vierte in meinem Dunstkreis auf und ich hab‘ das unbeschaffbare Teil dann in Reserve. Man wird ja wohl mal träumen dürfen.

Nach dem Herausbrechen der Sitze (die Innenwanne war fast mit Kleber geflutet) wurden diese ebenfalls verchromt und haben jetzt Chromsitzwangen. Die Sitzpolster erhielten einen selbstgemischten lavendelfarbenen Anstrich. Die vier Innenbelüftungsgitter versuchte ich erst gar nicht rauszukriegen. Sie sitzen zum Teil schief in den Armauflagen der Türen, somit konnten sie auch nicht zum Neuverchromen verreisen, aber mit Molotovchrom ging es auch gut. 

 

Das durchsichtige Lenkrad war nicht zu retten, aber mein Lenkrad-Ersatzteil-Zimmer hatte ein ähnliches zu bieten. 


Erstaunlicherweise war die Windschutzscheibe in sehr gutem Zustand und nicht verschmiert! Sie hat eine breite Lasche, um sie von innen ans Dach zu kleben. Man machte sich aber nicht die Mühe, sie in die beiden Führungspins ans Dach zu klipsen und so hatten die Mengen an Kleber, die auf die Lasche geschmiert wurden, keine Chance das Dach und die Scheibe zu ruinieren. An anderen Stellen der Karosserie löste der Klebstoff schon soviel Kunststoff auf, dass es von außen sichtbare Dellen gab.

Die Karosserie wurde mit selbst angefertigtem Spachtel aus Nitrozelluloseverdünnung und Gießästen gespachtelt.

Die Heckscheibe musste ich nach dem ruinierten Original anfertigen. Der Windschutzscheibenrahmen wurde offensichtlich als unwichtig erachtet und erst gar nicht angebaut! Es gab keine Klebespuren, weder auf der Karosse, noch (zum Glück) auf der Scheibe. Betretenes Schweigen! So habe ich nach dem Vorbild meiner beiden anderen, einen aus dünner gefeiltem Halbrundmaterial von Evergreen angefertigt und mit BMF überzogen. 

Da man anscheinend keine Lust verspürte, die komplexen Halter der Riesenmotorhaube anzupassen und einzustellen, um diese öffnen zu können, wurden sie kurzerhand weggelassen und die Haube zugeklebt.

Schockierende Erkenntnis: Diese Haubenhalter haben annähernd V-Form und ich hätte welche gebraucht, um sie auszumessen und zu duplizieren. Meine anderen sind aber eingebaut, kaum zu sehen und ohne Beschädigung des Autos auch nicht auszubauen. Stimmt der Winkel des ‚V‘ nicht oder sind die Schenkel zu lang oder zu kurz stimmt die Haubenkinematik nicht und Verzweiflung macht sich breit.

Irgendwann – die Mentalität war grad am oberen Amplitudenausschlag – hab‘ ich mich drangewagt und auf Anhieb den richtigen Ton getroffen. Der zweite konnte dann dupliziert werden. Vorher musste ich natürlich die gewaltige Haube vom Rest abkriegen ohne alles zu zerstören.

Ich dachte schon, der braun-weiße Düsenberg, den ich mal restauriert habe (sh. Artikel „Alles auf die Sechs!“) wäre schon ein übler Nervenzerrüttler gewesen, aber der Pierce Arrow toppt alles bisher dagewesene. 

Den Kofferraumdeckel habe ich mit Baremetalfoil überzogen, um den Schriftzug darauf nach Löbertscher Genialmethode wieder freizuschleifen. Olli, dafür gehört dir der Nobelpreis verliehen, wenn die vom Komitee nur wüssten, für was für einen Firlefanz sie ihn bisher verschleudert haben!

 

Auch diesmal musste wieder ein 62er Ferrari GTO von Italerie dran glauben - jetzt aber mit angepasstem Rahmen und Achsen und weitgehend weggeschnittener Bodenplatte. Die drei Evolutionsstufen sieht man auf dem ‚von-unten-Foto‘.


Die Felgen stammen vom 58er T-Bird von Monogram, die passen hervorragend in die Renval-Weißwandreifen und zum Auto. Blöderweise steht zwischen den Radmuttern FORD! Deswegen trägt er Radkäppchen vom 57er Ford Fairlane von AMT, die genau in die T-Bird-Felgen passen. Damit ist der böse F-Schriftzug eleminiert und sieht noch schärfer aus.

Da fällt mir ein: Wer kennt das Märchen von ‚Radkäppchen und dem bösen Golf?‘ 

Natürlich stellte sich auch wieder die ewige Frage nach der passenden Lackierung. Der zukünftige Besitzer wollte ihn rot. Ich wollte wieder Two-tone, aber keinen BMW Motorrad-Lack wie beim ersten. Mir stach allenthalben das Rot von den neuen Renaults ins Auge. Renault verkauft es aber nicht als Spraydose, gab mir aber freundlicherweise den Namen und die Rezeptnummer und so konnte ich mir bei der Fa. Prosol eine Dose mischen lassen. Das dunkle Rot ist mein alter Liebling: Opel rubinrot-metallic. Der freundliche Dosenanmischmeister bei Prosol munterte mich mit den Worten auf: Das wird sowieso nix, der Lack ist ein Dreikomponentenlack und funktioniert so, wie ich mir das vorstelle, nicht! Funzte aber doch!

Der Zusammenbau geriet zu einem Tanz auf der Rasierklinge, immer nah am Desaster. Bloß nicht die Lackierung beschädigen, aber mit mindestens 5 Händen gleichzeitig Komponenten – die noch nie zusammengepasst haben – zusammenzwingen und bis zum Abbinden von Trickklebestellen dort festhalten, mit zum Teil drei verschiedenen Klebern mit völlig differierenden Eigenschaften.

Natürlich war auch alles verzogen, weil – siehe oben ‚unbekanntes Genie‘ und Zusammenmurksen und über die Jahrzehnte in dieser Position verharren lassen - plus einen halben Fremdbausatz hineinchirurgieren.

Die Nervenschlacht ist nun geschlagen und das Ding steht vor mir. Natürlich hat er mehr Macken als ein Hund Flöhe, aber ich hab‘ mein Bestes gegeben.

 

Und nun muss ich ihn hergeben. Meine Hoffnung, dass ihn der Herr Hoffmann hoffentlich nicht mögen möge und sagt: „Meine Hoffnung als Herr Hoffmann ist, dass du hoffentlich das Ding behältst – ich mag ihn jedenfalls nicht haben.“ ist nicht sehr groß und so wird es wohl kein Triple geben!

Guru viel Spaß damit! Ich werde ihn ab und zu besuchen kommen.


Modelle, Text und Bilder: Günther Eberhardt, München

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Kommentare: 1
  • #1

    Gerhard (Sonntag, 22 Juli 2018 21:01)

    "Got yourself a deal, Baby!!!"- geflügelte Worte in einer nun schon mehr als drei Jahrzehnte andauernden Modellbauer-Freundschaft, mit denen schon die irrwitzigsten Geschäfte besiegelt wurden, siehe oben! In diesem Zusammenhang muss aber auch noch unser gemeinsamer Freund Michael Diehl aus Mörfelden (ebenfalls auf diesen Seiten präsent, z. B. mit dem "Car Puzzle Truck") erwähnt werden, der dem jetzigen Besitzer den "Leichnam" des Renwal Pierce Arrow einschließlich der perfekten Schachtel für kleines Geld übereignete. So helfen sich die Modellbauer eben untereinander - ein schönes Beispiel für einen Gemeinschaftssinn, der auch in anderen Lebensbereichen wünschenswert wäre! Bleibt mir nur noch übrig, Dir, lieber Günther, an dieser Stelle noch mal für Deinen selbstlosen Einsatz zur Erhaltung antiken Plastiks zu danken - Du hast einem alten Mann eine riesige Freude gemacht und wenn Du Dein "Baby" sehen möchtest, steht Dir meine Tür Tag und Nacht offen!