1967 Plymourh Fury

1967 Plymouth Fury Hardtop

 

Strip and drag but really all streest

 

Jo-Han, Maßstab 1:25

Die Modellbau-Wunderwelt beim traditionsreichsten Spielzeuggeschäft Wiens (an erster Adresse am Graben), in einem eigenen Zimmer, war durch die dort erhältlichen Jo-Han Kits irgendwie ein Fenster zur „großen, weiten Welt“, im mir eng erscheinenden Wien.

 

Am besten hat mir davon der 1967er Plymouth Hardtop gefallen, allein die Boxart schon hat exotische Drag-Racing-Atmosphäre versprüht. Auch das Farbschema des A/XS mit seinem Wheelie auf dem Bild hat die Phantasie beflügelt.

Also musste ich ihn unbedingt haben. Drin wurde neben Custom, Stock und eben dem A/XS gleich verführerisch eine Stockcar-Version angeboten. Unentschieden, aber dafür um so ungeduldiger habe ich dann eine Version zwischen den beiden gebaut (sollte wohl sowas wie eine Rallye-Ausführung werden, ich habe damals die Rallyebücher von Herbert Völker verschlungen), natürlich unlackiert.

 

Das Ding hat dann jahrzehntelang in meinem Fundus auf Wiedererweckung gewartet. In unserem Haus habe ich später beim Aufräumen den Bausatz noch einmal, in der Originalschachtel und nur beim Bau angefangen, gefunden. 

Damit war klar, dass daraus ein Duo entstehen sollte, der Stockcar- und der Dragracer. In meiner Jugend war es vom Taschengeld nicht so denkbar, einen Bausatz zweimal zu kaufen, Jo-Han war ja nicht billig, schon damals. Für den Preis von einem bekam man viele Airfix-Sackerln, da waren aber nur 1:32 Autos drin.

 

Da ich unbedingt möglichst alles der beiden Bausätze original verwenden wollte, aber zur perfekten Aufarbeitung weder Zeit, Geduld oder die nötigen Fertigkeiten habe und deswegen auch mit dem Pinsel lackiere, bitte ich um Pardon für erkennbare Schwächen der Modelle. Die Verwendung der originalen Abziehbilder war eine Aufgabe für sich und wurde natürlich auch nicht bravourös gelöst.

Der Stockcar Racer wird in der Bauanleitung nur in Schwarzweiß gezeigt, aber nach Ansicht einer noch dazu straßenzulässigen Richard Petty Replica im Internet war die Frage zugunsten Blau sofort entschieden. Und auch, dass es eine Streetmachine mit zwei Sitzen und Lichtern werden sollte, wie ich Renntourenwagen überhaupt gerne baue.


Beim ersten Rennen, dass ich als Kind live erlebt habe, ein Bergrennen, hat der Britische Sieger nachher schmälere Straßenräder an seinen Mini Cooper geschraubt und ist im Rennauto heimgefahren, cool. Jahre davor ist man mit seinem Auto einfach zum Rennen gefahren, hat Nummern aufgeklebt und mitgemacht. Und ältere Rennwagen haben bis heute oft als Oldies den Weg zur Straßenzulassung zurück gefunden. In einer Amerikanischen Zeitung habe ich eine Stockcar-Replica gesehen, die einsitzig, völlig ausgeräumt auf eigener Achse zu Treffen fährt.

Ist ja eh ein „Stockcar“. Daher habe ich auch auf die in der Bauanleitung vorgesehenen Sidepipes verzichtet. Der Serienauspuff war aus der üblichen Relief-Bodenplatte eh nicht g‘scheit wegzubringen. Ach, das Relief unten, die Vorderachse habe ich vom üblichen „Durchsteck-Stangerl“ natürlich zur wenigstens halbwegs nachempfundenen Einzelradaufhängung modifiziert, incl. Stabilisator. 


Da die vom Bausatz für diese Version vorgesehenen Serienreifen schon etwas mickrig ausgeschaut haben, habe ich auf den Fundus meiner drei MPC Jeepster zurückgegriffen, tolles Format bei der Straßenbereifung (einer fährt auf den Grobstolligen, einer hat die Straßenreifen und einer ist zum Halbkettenfahrzeug mutiert, also genug übrig). Schaut so schon mehr nach Racer aus.


Beim Dragracer bin ich prinzipiell den selben Weg gegangen. Mit den Cheater-Slicks hinten liegt auch hier Straßengebrauch nahe. Und entgegen vielen Factory Experimentals hat der hier keine nach vor versetzte Hinterachse, die den Begriff „Funny Car“ ursprünglich geprägt hat. Also brauchbar für den Auftritt bei abendlichen Diner-Trips und den Wegen dahin mit vielen Ampeln. Da macht die heute übliche Negierung der grünen Welle glatt noch Spaß...Wir lieben doch alle „American Graffiti“.

Farbschema war von Anfang an klar, vom Schachteldeckel. Faszinierend die offenbar gar nicht serienmäßige Lufthutze auf der Motorhaube, nur beim Custom vorgesehen (was wissen die US-Car-Experten darüber? Das Modell habe ich im Internet auch nicht so richtig gefunden... Ist es ein Fury III Hardtop Coupé mit nicht ganz korrekter C-Säule?). Mit den Ansaugstutzen der Hilborn-Einspritzung, die auch durch die Hutze ragen ist die völlig sinnlos, aber genau das hat mich immer schon auf der Boxart beeindruckt. Also auch im Modell.

Und natürlich konnte ich dem Moon Tank auch nicht widerstehen. Der wurde ja bei der Einspritzung auch an straßengängigen Gassern als Zwischenpuffer eingesetzt, um in Rennen Versorgungssicherheit mit genug Kraftstoff zu gewährleisten, auch wenn es einen Serientank hinten gab. Die Montage vorne an der Stoßstange ist zwar im Straßenverkehr mutig, aber man könnte ihn ja mittels Bypass für die Straße trockenlegen. Die Anordnung habe ich bei der Factory Experimental Klasse auf George Klass‘ wunderbarer Homepage (http://georgeklass.net/index.html) gesehen. 

 

 

 

Die Wheelie-Stützen und der Bremsfallschirm mußten natürlich auch sein, fahren ja genug Pro-Streeters damit in USA im Verkehr rum. 


 

 

Und die im ungebauten Kit noch vorhandenen Sidepipes habe ich hier als Cut-Out-Pipes mit Umschaltung verwendet


Die Abziehbilder waren für beide eine Herausforderung, höchst bröselig, und zum Teil musste ich sie mit Farbe ausbessern, wollte sie aber unbedingt so haben und nehme dafür mangelnde Perfektion in Kauf. Im Heckfenster habe das beigelegte Decal „Caution Race Car in Tow“ aufCaution Race Carverkürzt, damit Ampelgegner wissen, warum sie abgehängt worden sind.


Mit dem Duo in der Garage ist man sowohl für Ausflüge zum Amateur-Dragrace wie auch auf den Mulholland Drive gut gerüstet, obwohl ich mir für letzteres auch noch gerne ergänzend einen Abarth 1000 TCR vorstellen würde. Ideale gedankliche Garagen in 1:25 können glücklicherweise gut so gefüllt sein, wie es realiter z.B. nur ein Steve McQueen hatte oder ein Jay Leno hat.

Jedenfalls waren beide Autos für mich ein echter Nostalgietrip und für meine Verhältnisse glatt „out of the box“. Manchmal gehen Jugendträume doch...

 

Und sind wohl die ersten Rennautos in vollem Ornat auf der Seite.


Christian Vana, Baden bei Wien

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Günther (Freitag, 02 April 2021 14:49)

    Geiler Scheiß ! Wieder mal Zeug , dass in der falschen Sammlung steht! 67er Fury habe ich
    leider nie geschafft. Da kann ich gar nicht sagen , welcher der beiden mir besser gefällt, das
    wäre aber auch egal, weil so ein Powerpärchen darf man eh nicht trennen.Allerseltenster,
    Allerfeinster JoHann Stuff.Christian , ich bin restlos begeistert, und warte schon auf deinen nächsten Streich.

  • #2

    Gerhard (Freitag, 02 April 2021 17:28)

    Lieber Christian, vielen Dank für diesen herrlich nostalgischen Bericht zum ´67er Plymouth Fury, der mich geradewegs zurück in meine eigene Jugend katapultiert hat! So wie Dir in Wien ging es mir als Knabe in München: Mit dem Fahrrad in die Stadt, alle einschlägigen Geschäfte abgeklappert und vom viel zu knappen Taschengeld einen (!!!) Bausatz mit nach Hause genommen. Erst waren es nur die 1:32er Revell-Amis, später dann schon 1:25er Revell Multi Piece-Kits und in den späten ´60er/frühen 70er Jahren - da bereits "erwachsen" - die ersten amt/mpc/Jo-Han-Bausätze.
    Zuhause angekommen, wurde der Kit unter heftigstem Herzklopfen sofort geöffnet und meist auch gleich mit dem Bau begonnen. Damals war die wildeste Version gerade recht (was ich heute als in der Wolle gefärbter Stock-Fan nicht mehr so ganz nachvollziehen kann) und wurde mit allem, was der Bausatz an Motortuning-Teilen, breiten Reifen und Decals hergab, gebaut.
    So ändern sich die Zeiten, aber es ist ein Hochgenuss, sich mit mit diesem herrlichen Bericht und den beiden tollen Modellen in die eigene phantastische Sturm- und Drangzeit zurückversetzen zu lassen - bitte noch viel mehr davon!!!

  • #3

    rainer (Samstag, 03 April 2021 08:10)

    Da kann ich Gerhard nur zustimmen.
    Danke für diesen herrlichen Beitrag "from the Roots"
    Herzliche Grüße