Art Deco Bugatti Royale

Art Deco Bugatti Royale

 

Voll auf die Zwölf

 

Bugatti Royale Eigenbauten, Maßstab 1:16

 VOLL AUF DIE ZWÖLF

 

Der letzte Bericht stellte Siegfried Hagens Art-Deco-Bugattis „Surfgatti“, „Grande Nation“, und „Mirage“ als die Nummern 6 bis 8 vor. Hier machen wir nun mit den Bugattis 9 bis 12 das Dutzend voll – viel Spaß mit „Pacific“, „Elysee“, „Belle Epoque“ und „Utopia“!

 

 

Wir erinnern uns: Ganz am Anfang standen der „Woodgatti“ und der „Blackgatti“, von denen es in dieser Rubrik zwei ausführliche Beschreibungen mit vielen Bildern der einzelnen Bauphasen gibt. Wer den unglaublichen Aufwand bei der Entstehung dieser Modelle und das handwerkliche Können von Siegfried Hagen nachvollziehen möchte, sollte sich diese beiden Berichte noch einmal zu Gemüte führen. Das Grundprinzip beim Bau aller Art Deco-Bugattis, das genau so im Bootsmodellbau Anwendung findet und in den Berichten ausführlich in Wort und Bild beschrieben wird, stellt auch die Grundlage bei allen anderen hier vorgestellten Bugattis dar, wobei es natürlich bei jedem Modell eigene, ganz spezifische Abwandlungen gibt.

 DER BUGATTI PACIFIC

Das „Kunststück“, in einer Karosserie, die im Original gut sieben Meter Länge besäße, nur zwei extrem knapp bemessene Sitze unterzubringen, gelang Siegfried Hagen bereits beim „Blackgatti“. Der „Pacific“ (das nominelle Gegenstück zum „Atlantic“) treibt dieses Konzept endgültig auf die Spitze und erscheint mit einer ultraflachen, schier endlos langen Karosserie, die mit seiner Basis, dem Bugatti Royale, außer dem klassischen Kühlergrill nichts mehr gemein hat. Ausgehend von diesem Grill verjüngt sich die Karosserieform des Pacific sowohl in der Höhe als auch in der Breite bis hin zum eleganten, spitzen Heckabschluss, flankiert von den tropfenförmigen Kotflügeln, in die vorne die Scheinwerfer und hinten die Rücklichter integriert wurden.

Standen bisher alle Modelle mit Ausnahme des „Batgatti“ auf den originalen Rädern des Bugatti Royale-Bausatzes von Bandai, musste es für den extrem flachen und sportlichen Pacific-Roadster eine andere Lösung geben. Gefunden wurde diese in dem Gakken-Kit des 1928er Mercedes Benz Sonder-Kabriolet im Maßstab 1:16, der wunderschöne, aufwendig gemachte Speichenräder besitzt. Es wäre schade gewesen, diese kleinen Kunstwerke hinter Verkleidungen zu verstecken, so dass der Pacific als einer der wenigen Bugattis über offene Radhäuser verfügt.

Auch bei der Außengestaltung des Pacific beschritt Siegfried Hagen einmal mehr neue Wege. Als Basis-Lackierung dienen zwei perfekt aufeinander abgestimmte Metallic-Grüntöne, während die Oberseite der Karosserie sowie das optionale Hardtop und die Sitze mit einem dazu passenden, in hellerem Grün gehaltenen Leder verkleidet sind. 


Formal exakt aufeinander abgestimmte , mit Metallgittern hinterlegte Lüftungsschlitze auf der Motorhaube und in ihren Seitenteilen setzen weitere formale Akzente. Die Türen sind herausnehmbar und erlauben es, das Auto wie einen englischen Roadster kompromisslos offen zu fahren. 


Aber Vorsicht: Gleich unter dem linken Türausschnitt verläuft das Rohr der seitlich offen verlegten Auspuffanlage, nur durch ein schmales Metallgitter von den Beinen der Ein- oder Aussteigenden getrennt – wahre Schönheit muss eben leiden und auf derartige Befindlichkeiten kann bei solchen Kunstobjekten keine Rücksicht genommen werden!

 DER BUGATTI ELYSEE

Am Anfang stand die schwarz-weiße Zeichnung einer Bugatti-Studie in einer alten amerikanischen Modellbau-Zeitschrift. Siegfried Hagens Modellbau-Freund Günther Eberhardt war davon so angetan, dass er die Skizze auf der Basis eines Heller-Bugattis im Maßstab 1:24 als Modell umsetzte und ihm den Namen „Nautilus“ gab. Dieses wiederum diente Siegfried Hagen als Inspiration für den Bugatti “Elysee“, den er postwendend in „seinem“ Maßstab 1:16 und im opulenten Art Deco-Stil verwirklichte.

Wenngleich sich auch einige Elemente des „Organspenders“ Bugatti Royale von Bandai wie der klassische Kühlergrill, die freistehenden Scheinwerfer, die viertürige Karosserie und die vier „Oberlichter“ über den Rücksitzen am Elysee wiederfinden, schuf Siegfried Hagen doch ein völlig eigenständiges Modell, das seine unverkennbare Handschrift trägt. Zunächst wurde die gesamte Karosserie so extrem tiefergelegt, dass gefühlt keine Zeitung mehr zwischen den Wagenboden und die Fahrbahn passt. Das bis an die Grenze des Machbaren „gechoppte“ (niedriger gesetzte) Dach macht aus den Scheiben des Modells nur mehr schmale Sehschlitze und das steil abfallende Fließheck trägt sowohl ein Reserverad als auch eine abnehmbare Finne sowie freistehende Rücklichter.

Die dadurch entstehenden, atemberaubend eleganten Proportionen werden zusätzlich durch die Formen und die Maße der Kotflügel betont. Dabei sind die vorderen Kotflügel zweigeteilt; sie werden förmlich durch die nun gänzlich sichtbaren Vorderräder „unterbrochen“, um sich davor und dahinter fortzusetzen. Eine perfekt ausgeklügelte Konstruktion an von der Seite her unsichtbaren Verstrebungen sorgt dafür, dass die vorderen Kotflügel neben der Karosserie zu „schweben“ scheinen. Die hinteren Kotflügel schwingen sich bis fast auf die Höhe des Dachs und laufen korrespondierend zum „Boattail“ spitz aus. Sie verdecken die Hinterräder fast völlig, deuten diese aber durch eine kreisrunde Erhöhung raffiniert an.


Als einziges Modell der gesamten Bugatti-Serie verfügt der Elysee über vier Türen, die hinteren davon als nach vorne öffnende „Suicide-Doors“ (Selbstmördertüren) ausgeführt. Die äußerst stimmige Zweifarben-Lackierung in Dunkelrot und Kupfermetallic unterstreicht die gestreckte Linie des Elysee und verleiht dem Modell eine besonders edle Ausstrahlung.


Wie es sich für eine Chauffeurs-Limousine gehört, schafft eine hölzerne Trennwand mit Scheibe die nötige Distanz zwischen dem Personal und den Passagieren. Die Innenausstattung fällt mit Holzapplikationen an den Fenstern und genopptem, braunem Leder höchst luxuriös aus und passt so nicht nur farblich zum noblen Ambiente des ganzen Fahrzeugs. 

Allerdings musste der monumentale Bugatti-Motor unter der Fronthaube aufgrund der beengten Platzverhältnisse in der Höhe etwas beschnitten werden. In der Praxis würde das nichts anderes bedeuten, als dass ihm nun etliche Liter Hubraum und damit auch PS fehlen dürften – zum genussvollen Gleiten in diesem automobilen Kunstwerk dürfte es aber immer noch reichen!


 DER BUGATTI BELLE EPOQUE

Aufmerksame Leser der Rubrik „Specialities“ werden sich daran erinnern, dass Siegfried Hagen bereits vor vielen Jahren ein Gespann mit Bootsanhänger vorgestellt hat: den „Caddylegger“. Dabei handelte es sich um einen 1933er Cadillac Woody Pickup-Custom mit einem Baby-Bootlegger Rennboot am Haken, ebenfalls im Maßstab 1:16. Damals ging es Siegfried Hagen in erster Linie um das phantastische Rennboot aus den ´20er Jahren, das ihn bereits in seiner frühen Phase als Bootsmodellbauer fasziniert hatte. Die ganze Story mit vielen Baustufen-Bildern kann in dieser Rubrik unter dem Titel „Caddylegger“ nachgelesen werden.

Und nun also das „Belle Epoque“-Gespann auf der gewohnten Basis des Bandai-Bugatti Royale in 1:16. Natürlich trägt es seinen Namen „Schöne Epoche“ völlig zu Recht, spiegelt es doch die dekadente Eleganz der Art Deco-Zeit in den ´20er und ´30er Jahren perfekt wider. Sowohl das Zugfahrzeug mit seinen schwellenden Formen und den schwungvoll gestalteten Kotflügeln als auch das Boot sind treffsicher im Stile jener Zeit gestaltet – eine Kunst, die Siegfried Hagen tatsächlich bis zur Vollendung getrieben hat.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen bei diesem Modell die dominanten vorderen Kotflügel: Erstmals sind deren Seitenflächen konkav nach innen gewölbt, um die Vorderräder als Ganzes sichtbar zu machen, und effektvoll in der Kontrastfarbe „Safrangelb“ zur dunkelgrauen („Battleship Grey“) Lackierung der Karosserie abgesetzt. Als Gegengewicht dazu findet sich die gelbe Farbe bei den Kederbändern zwischen der Karosserie und den hinteren Kotflügeln wieder. Bemerkenswert auch die „Fender Skirts“ (Radabdeckungen) der hinteren Kotflügel: Sie sind als feine Gitter mit waagrechten Streben ausgeführt und lassen so die dahinter liegenden Räder nur erahnen.

Das Boot ruht auf einem selbst konstruierten und kompliziert verstrebten Anhänger, der auf vier Bugatti Royale-Rädern steht. Sowohl die Seitenteile des Bootes als auch die Kotflügel des Anhängers tragen die Farbe „Battleship Grey“, während die Oberseite des Bootes mit schmalen, hell/dunkel gehaltenen Holzstreifen verkleidet ist. Natürlich verfügt auch das Boot über einen standesgemäßen Bugatti Royale-Motor, der unter einer abnehmbaren Klappe zu erkennen ist. Die Innenausstattung des Zugfahrzeugs ist ebenso wie die des Bootes in edlem, hellen Leder gefertigt.


Als ob das nicht genug Kreativität und Arbeitsaufwand wäre, legt Siegfried Hagen beim Belle Epoque noch einen Überraschungs-Effekt obendrauf: Sowohl das Auto als auch das Boot verfügen über eine große, safrangelb lackierte Heckverkleidung, die sich – so ungewohnt sie in ihrer fast schildkrötenhaften Anmutung zunächst wirken mag – perfekt in das Erscheinungsbild der Modelle einfügt. Hier sprechen die Bilder, die beide Modelle mit und ohne diese Verkleidung zeigen, eine deutliche Sprache – bleibt nur die Qual der Wahl, wie man sie letztlich ausstellen soll! Und was sagt Siegfried Hagen selbst dazu: „Diese beiden Heckverkleidungen haben mich bei der Fertigung und der Anpassung mehr als einmal fast um den Verstand und an meine Grenzen gebracht – aber das Ergebnis rechtfertigt alle Mühen!“

 

 

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!!!

   DER BUGATTI UTOPIA

Einmal mehr gilt es für den Betrachter, sich von allem bisher Gesehenen und Gelesenen freizumachen und dem „Utopia“ völlig unvoreingenommen gegenüberzutreten. Hier haben wir es nur mehr ansatzweise mit den Formen des Art Deco-Stiles zu tun, vielmehr erinnert der schmale, lang gezogene Fahrzeugrumpf mit der aufgesetzten Glaskuppel an ein Jagdflugzeug aus dem 1. Weltkrieg. Diesen Eindruck verstärkt die kunstvoll ausgeführte Lackierung noch zusätzlich, vermittelt sie doch äußerst glaubhaft die Optik aneinander genieteter Metallplatten.


Möglicherweise ließ sich Siegfried Hagen bei diesem Modell nicht nur von einem Kampfflugzeug, sondern auch von „Lady Penelopes FAB 1“, dem sechsrädrigen Custom-Rolls Royce aus der Fernsehserie „The Thunderbirds“ inspirieren. Darauf deuten die sechs Räder des Modells sowie die abnehmbare Glaskuppel über der Fahrgastzelle hin, wobei die Passagiere hier wie in einem Flugzeug hintereinander auf mit braunem Leder bezogenen Sitzen Platz finden. Der „Pilot“ dirigiert das Gefährt mit einem halbierten Bugatti-Lenkrad und blickt auf ein reich instrumentiertes Armaturenbrett, um sich jederzeit über das Wohlbefinden des im Bug installierten Bugatti Royale-Motors informieren zu können.

Weitere dominante Merkmale sind die Front und das Heck des Utopia. Vorne prägen gleich drei riesige Bugatti-Kühlergrills die eindrucksvolle Ansicht, wobei die beiden äußeren hinter Glas die vier Scheinwerfer beherbergen. Im Übrigen lassen sich die vorderen Kotflügel abnehmen, um den Blick auf die beiden Royale-Vorderachsen und das detailliert nachgebildete Lenkgestänge freizugeben. Am Heck prägt nicht nur die abnehmbare, riesige Finne mit der  „Tricolore“ das Bild, sondern ebenso der einem Düsentriebwerk nachempfundene, rote Heckabschluss, die vier gebogenen Auspuff-Endrohre und die spitz zulaufenden hinteren Kotflügel – hier spüren wir noch einen Hauch Art Deco!

Sowohl die große Finne als auch die Glaskuppel lassen sich abnehmen, der Einstieg erfolgt von rechts durch das herausnehmbare Tür-Element, in dem ein Glasteil den Blick in den Innenraum ermöglicht. Die Hinterräder des Modells sind voll verkleidet und auch für die Vorderräder waren im Austausch ähnlich gestaltete Kotflügel geplant, die allerdings nicht mehr realisiert wurden. Doch auch so bietet der Utopia mit dem reizvollen Kontrast der roten Kotflügel zur dezent silberfarbenen Karosserie ein absolut stimmiges, spannungsgeladenes Bild.


Und das war sie nun, die Nummer 12 der unglaublichen Bugatti-Eigenbauten von Siegfried Hagen. Was als Einzelstück („Woodgatti“, O-ton Siegfried Hagen nach dessen Bau: “Sowas tu´ ich mir nie wieder an“) begann, danach als Trilogie (mit „Blackgatti“ und „Batgatti“) abgeschlossen werden sollte, hat nunmehr nach mehr als 15 Jahren das Dutzend vollgemacht. Entstanden sind in dieser Zeit – mit dem „Caddylegger“ – 13 fantastische Kunstwerke, die erfreulicherweise nicht in alle Winde verstreut wurden, sondern in einer Hand blieben. So möchte der Autor an dieser Stelle ein herzliches, tief empfundenes Dankeschön an Siegfried Hagen für dessen modellgewordene Kreativität, seine Ausdauer, sein handwerkliches Geschick und vor allem seine Treue zu der gemeinsamen Idee aussprechen – gelebte Freundschaft in ihrer schönsten Form!

 

Bleibt es nun wirklich bei diesem Dutzend?

Um es mit einem bekannten Werbespruch auszudrücken: „Nichts ist unmöglich“!?!

 

 

Es war und bleibt spannend!!!

Modelle: Siegfried Hagen, Traismauer

 

Text und Bilder: Gerhard Hoffmann, Bachmehring

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Kommentare: 1
  • #1

    Günther (Dienstag, 26 August 2025 19:38)

    Siegfried von Hagen for President. Auf der ganzen Welt gibt es wahrscheinlich keinen zweiten
    Ausnahmekünstler der Unserem Eigenen, Persönlichen Sigi auch nur annähernd das Wasser
    reichen kann. Ettore schaut von oben, ganz genau zu was Sein geistiger Thronfolger in 1:16
    auf die Räder gestellt hat, und auch darauf, dass hoffentlich noch lange nicht das Ende der
    Fahnenstange erreicht ist. Solange noch in irgend einer Ecke der Welt 1:16 Royales aufzu-
    treiben sind,um sie als Basis für Hagensche Superkunstwerke zu verwenden, darf noch nicht
    Schluß mit der Spezialkreativität sein. Das Suchtpotential der Fans ist noch lange nicht
    erschöpft